III. Festival für Vokalmusik „a cappella” mit dem „ensemble amarcord” (Susanne Krostewitz)

05. Mai 2001

Mendelssohn-Saal des Neuen Gewandhauses

III. Festival für Vokalmusik ?a cappella?
Eröffnungskonzert mit dem ?ensemble amarcord?

Im ersten Teil erklangen italienische Madrigale aus der Hoch- und Spätrenaissance. Dabei wurde das Ensemble durch den Altus Alexander Schneider verstärkt, einem ehemaligen Kruzianer, der sich nicht nur durch die farblich abgestufte Krawatte vom Ensemble unterschied.

Begonnen mit einem Frühlingsmadrigal von Marenzio, folgten darauf drei Madrigale von Gesualdo aus dem vierten Madrigalbuch. Jenes ist in Ferrara entstanden, vielfältig sind die Anregungen bekannt, die Gesualdo hier erhielt. In jener Stadt, in der Frescobaldi, auch Luzzaschi und Tasso tätig waren, müssen die geistigen Anregungen beträchtlich gewesen sein. Sowohl das wahrscheinlich zu Übungszwecken gebaute sogenannte chromatische Cembalo, daß die Halbtöne aufgrund der Stimmung unterscheidet, als auch die Vorliebe zur Poetik Tasso?s schienen ihn in besonderer Weise berührt zu haben. Und das Ergebnis, die durchaus extreme Art seiner Madrigale, ist uns wohl vertraut. So fällt besonders die Wort-Ton-Verbindung heraus, wie im zweiten Teil von Io tacer? (Ich schweige still) im Einsatz o crudele (Du Grausame), oder die betonte diesseitige Vergänglichkeit im Text von Ecco, morir? dunque! (Ich werde also sterben!).

Die nächsten beiden Madrigale, die erklangen, sind auf besondere Weise miteinander verbunden. Cyprian de Rore?s Madrigal Ancor che col partire ist ein Madrigal eines von Gesualdo verehrten Komponisten einer älteren Generation und ein sehr bekanntes, fast schon ein Hit unter den Madrigalen seiner Zeit; der Text stammt auch von Alfonso d’Avalos. Jener war kein anderer als der Großvater der ersten Frau Gesualdos. Somit erklärt sich auch die starke Textallusion im Madrigal Sento che nel partire aus dem zweiten Madrigalbuch von Gesualdo. Nur war zu jenem Zeitpunkt schon das tragische Unglück seiner ersten Frau geschehen. Vielleicht erklärt sich so, wie aus dem einstigen Liebesgedicht bei größter Textnähe ein Todesschrei werden kann.

Nach Schmerz und Todesnähe wurde es geistlich. Aus den Sacrae Cationes erklangen zwei Stücke. Das geistliche Werk Gesualdos galt bis ins 20. Jahrhundert hinein als unaufführbar, waren doch 2 Stimmbücher verloren. Igor Strawinsky gab den Stücken zum 400. Geburtstag von Gesualdo durch seine Stimmergänzungen neue Gestalt und eine gelungene Möglichkeit der Aufführbarkeit.

Diese Symbiose von alt mit neu stellt den Übergang in den zweiten Teil des Konzertes dar. Französische, englische und deutsche a cappella-Werke des 20./21.Jahrhundert wurden vereint. Begonnen mit drei Stücken aus den Huit chansons francaises von Poulenc, Verbundenheit von Schönberg, erklang neben anderem auch eine Uraufführung, ein Auftragswerk des Ensembles – Karsten Wolfs Heiterer Frühling aus Drei Lieder auf Gedichte von Georg Trakl sowie Vertonungen von Galgenliedern des Christian Morgenstern von Siegfried Strohbach. Das Ensemble präsentiert sich hier, so wie es die Leipziger kennen und lieben. Ein spielerischer Umgang in einführenden Texten unterstreicht dies nur. Und dafür gab es regen Applaus. Erst nach drei Zugaben gab sich das Publikum zufrieden.

(Susanne Krostewitz)

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