Gewandhausorchester mit Mendelssohn Bartholdy und Bruch (Juliette Appold)

31. Mai 2001 Gewandhaus Großer Saal

Gewandhausorchester, Dirigent: Frans Brüggen

Felix Mendelssohn Barholdy:
Konzertouvertüre „Die Hebriden oder Die Fingalshöhle“ h-Moll op. 26

Max Bruch:
„Schottische Fantasie“ für Violine und Orchester op. 64

Felix Mendelssohn Bartholdy:
Sinfonie Nr. 3 a-Moll op. 56 („Schottische Sinfonie“)

Mit Spannung gegeizt im Schottischen Programm

Die Hebriden-Ouvertüre ist eigentlich ein spannendes Stück. Mit diesem Werk wollte Mendelssohn die auf ihn seltsam wirkende Insel musikalisch nachzeichnen. Aber von der zum Teil unheimlichen Stimmung, die das Werk in sich trägt, war an diesem Abend nicht viel zu hören. Schon der erste Ton war zu stark aufgesetzt und das bestimmte den Charakter der Aufführung. Die Insel umgebenden Wasserbewegungen werden bei Mendelssohn auskomponiert. An diesen Stellen baute das Orchester Spannungsbögen zwar gut auf, doch Crescendi und Decrescendi begannen und endeten nie mit einem überzeugenden piano. Insgesamt schien sich das Orchester auf die dynamischen Stufen mezzoforte bis forte geeinigt zu haben. Mendelssohns Kompositionen zeichnen sich oftmals durch Klarheit aus. Daher störte es etwas, wenn gegenüber den präzise zusammengespielten Staccato-Momenten polyphon verstrickte Melodiebögen mitunter etwas schwammig gerieten. Auch das durch die Stimmen wandernde Thema hätte mehr hervorgehoben werden können. Da tat es dann gut, den klaren und romantischem Töne der Klarinetten in ihren exponierten Partien zuzuhören.

Frans Brüggen, der als Flötist und Spezialist für Musik des 18. und 19. Jahrhunderts bekannt ist, dirigierte ohne Taktstock und mit nur wenig Gesten – manchmal gar nur mit einer Hand. Und irgendwie fehlte es den aufgeführten Werken an Schwung. Wurde vielleicht nur „routinemäßig“ gespielt?

Bei der „Schottischen Sinfonie“ schien das Orchester sich noch am wohlsten zu fühlen. Doch hier kamen Einsätze unpräzise, wieder zu direkt und anfänglich trieb auch für einen Moment das Tempo ein bißchen nach vorn. Wie schon in der Hebriden-Ouvertüre tönten vor allem bei den Bläsern die leisen Stellen zu laut und manchmal sogar etwas unsauber. Und als dafür das Thema in den Klarinetten wieder durch lyrische Schönheit überzeugte, hätten die Streicher eine Spur leiser begleiten können. Denn grundsätzlich wurde gerade an Stellen, wo einzelne Instrumente das Thema übernahmen, der romantische Ton des Stücks gut getroffen. Besonders die Celli im ersten Satz, die Klarinetten im zweiten und Oboe/Fagott im letzten Satz spielten außergewöhnlich einfühlsam. Im Schlußsatz wirkte das Orchester homogener. Der Wechsel zwischen melodischen Linien und militärisch wirkenden Stellen war ausdrucksstark, auch wenn die zuletzt genannten Momente manchmal etwas mechanisch gerieten. Doch Oboe und Flöte glänzten und der fugierte Teil des letzten Satzes klang überzeugend und gut nachvollziehbar. Endlich gab es die ersehnten Momente, die den Zuhörer fesselten und das Konzert erfreulich abrundeten.

Ansonsten war Spannung in diesem Konzert vor allem der Virtuosität und Feinfühligkeit des Solisten Gil Shaham zu verdanken. Mit brillantem Klang, sauberem Spiel, klaren Läufen und dynamischer Vielfalt überzeugte er in Max Bruchs „Schottischer Fantasie“. Hier schien das Orchester den „Grave“ überschriebenen Beginn wortwörtlich zu nehmen, denn einige Einsätze der begleitenden Stimmen waren für das feinfühlige Spiel des Solisten zu schwerfällig. Auch im Allegro, das die Form eines Scherzos hat, fehlte im Orchester der tänzerische Schwung. Um so besser gelang dagegen das wechselnde Zusammenspiel zwischen dem Solisten und einzelnen Instrumenten und Gruppen. Dies galt vor allem für den sich durch das ganze Stück ziehenden „Dialog“ mit der Harfenistin Cecil Ulrich. Doch alles in allem fehlte es auch in diesem Stück insgesamt an Einfühlsamkeit und vor allem Spannung, obwohl sie der Solist doch so gut vorgab. Ungestört genießen ließ sich Gil Shahams Kunst schließlich in einer wunderbar gespielten Zugabe, mit der er sich für den regen Applaus bedankte.

(Juliette Appold)

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