„Die feuerrote Blume”, das Weihnachtsmärchen (Marcus Erb-Szymanski)

„Die feuerrote Blume“, das Weihnachtsmärchen
aus dem Russischen von Renate Landa

Regie: Enrico Lübbe
Bühne: Jürgen Lier
Kostüme: Jenny Schall
Choreographie: Werner Stiefel

Hauptdarsteller:
Kaufmann: Bernd Stübner
Aljonuschka: Anja Schneider
Kapa: Angela Meyer
Fissa: Nientje Schwabe
Amme: Barbara Trommer
Prinz: Torben Kessler
Knecht: Patrick Imhof
Baba Jaga: Martin Reik
Waldschrat: Jörn Knebel
Moorhexe Kikimora: Sebastian Hubel


Bunte Märchen, blasse Kollegen

Über ein Haus voller Kinder durften sich die Darsteller am Sonntagnachmittag freuen. Was gibt es auch schöneres als russische Märchen! Da steht ein entzückendes Puppenhäuschen auf der Bühne, Mädchen in leuchtend roten Kleidern gehen ein und aus, necken sich und geben dem abreisenden Vater, einem Kaufmann, unendlich lange Wunschlisten mit auf die Fahrt. Nur die Jüngste begnügt sich mit einer einzigen Sache, aber für die muss man bis ans Ende der Welt fahren. Der Himmel ist hellblau und das Seegelschiff wartet bereits ungeduldig darauf, dass die Taue gekappt werden.

Die Bühne ist so bunt wie sonst nur die Bilder in einem Märchenbuch. Auch die schaurigschönen Gruselkulissen des Zauberwaldes, vor denen die einheimischen Schreckgespenster eine Galavorstellung nach der anderen geben, um die menschlichen Eindringlinge zu vertreiben, machen da keine Ausnahme. Und damit alles nicht zu unheimlich gerät für die Kinder, wird die Geschichte bisweilen mit derben Späßen aufgelockert. So macht die böse Hexe Baba Jaga gleich beim ersten Erscheinen mit ihrer helikoptergeräuschvollen Fluggondel eine gewaltige Bruchlandung.

Doch solche Jahrmarktseffekte sind eigentlich gar nicht nötig. Kinder besitzen eine sehr viel nuanciertere Wahrnehmung als die Erwachsenen glauben. Und sie erleben alles sehr intensiv, was da vorn auf der Bühne passiert. Insofern ist es gut, dass die Effekte auf die Zauberwelt beschränkt bleiben. Dort gibt es viel Knall und Fall und im verwunschenen Schloss gar futuristische Technik (fahrende Esstische und elektrische Besen). Noch schöner wäre es freilich, auch die Zauberei sensibler zu gestalten. Die Darsteller jedoch spielen sich nicht in den Vordergrund, sondern stellen sich unprätentiös in den Dienst ihrer Rollen. (Außer der Baba Jaga vielleicht; aber die darf dem Affen ruhig Zucker geben.)

Auch die Regie geht keine Umwege. In klaren und überschaubaren Szenen, die auf bewährte Bilder zurückgreifen, illustriert sie die Geschichte: Das Nesthäkchen Aljonuschka, die jüngste Tochter des Kaufmanns, gerät durch ihren Wunsch nach der feuerroten Blume in das Schloss eines verhexten Prinzen und erlöst ihn natürlich durch ihre Liebe. Schön schließt sich das anrührend unsentimentale Happy End der Geschichte an: Mit einem folkloristischen Tanz feiern die Menschen den Sieg über das Böse. Und sie werden belohnt mit dem ohrenbetäubenden Jubel der Kinder… Da dürfte so mancher Kollege, der im diesjährigen ?Märchen zur Weihnachtszeit? nicht mitspielen konnte, vor Neid erblasst sein.

(Marcus Erb-Szymanski)

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