mulholland drive (Steffen Kühn)

„mulholland drive“
von David Lynch
Deutschlandstart: 3. Januar 2002

David Lynchs Film ist ein Meisterwerk. Im Stil der amerikanischen short stories werden zwei (vielleicht auch mehr) Geschichten erzählt. Im literarischen von Autoren wie Elke Naters, Ingo Schulze oder Haruki Murakami längst vollzogen fiel im Film der Abschied vom geradlinigen in sich schlüssigem und homogenen Erzählen leider noch schwer, bis zum mulholland drive.

Lychns Thema ist das Filmgeschäft in der Traumfabrik Hollywood und es darf und wird auch geträumt: Die Freundschaft zweier Schauspielerinnen zerbricht am Konkurrenzkampf um die Hauptrolle eines Filmes und um die Liebe des Regisseurs. Diane ist Camilla gleich zweimal unterlegen und wünscht in paranioder Eifersucht Ihrer Freundin nichts weniger als den Tod.

Der Film beginnt damit, daß Camilla den Mordversuch überlebt. Erst gegen Ende wird klar, daß der nun folgende Cut nur Fiktion ist. Diane erträumt sich dort in der Rolle der Betty eine nach dem Mordversuch ohne Gedächtnis auf Hilfe angewiesene Camilla, jetzt Rita. Gemeinsam versuchen die beiden Frauen die verlorene Vergangenheit Camillas / Ritas zu erkunden. Die Welt Dianes ist hier in Ordnung: Die Hauptrolle im Film erhält jetzt keine der beiden Freundinnen; der Regisseur am Rande der Existenz wird von seiner Frau betrogen und von der Mafia erpreßt, die Frauenfreundschaft wird in einer rauschenden lesbischen Liebesnacht zwischen Diane und Camilla übersteigert, Camilla selbst ist in Film – castings eine überaus beeindruckende und erfolgreiche Schauspielerin.

Hinter all den Szenen rauschender Bilder Los Angeles`, zwischen den herrlich schrulligen und skurrilen Typen Lynch´s taucht allmählich in irritierenden Sequenzen die Realität auf. Der Zuschauer beginnt die wahren Zusammenhänge zu erahnen, Diane hingegen wird sich ihrer perfiden Wünsche bewußt und geht daran am Schluß des Filmes durch Suizid zugrunde.

Leider liegt der Witz einer Besprechung wie dieser darin, analysierend und möglichst eindeutig die Geschehnisse zu beschreiben. Im Falle mulholland drive genau das Gegenteil der Absicht des Autors, der Themen und Handlungen offenläßt, zwischen Realität und Fiktion nicht unterscheiden will und uns dadurch trefflich zeigt, wie komplex und eigentlich unbeschreibbar Lebenszusammenhänge sind. Psychologisierenden Tendenzen, welche glauben machen wollen, daß Menschen in psychische und physische Schubladen gesteckt werden können, wird eine Absage erteilt. Mit einem durchaus ernst gemeintem „ich weiß, daß ich nichts weiß“ wird das Leben gefeiert.

David Lynchs spannungsgeladenen Szenen nehmen den Zuschauer gefangen. Motive, intelligent ausgewählt, erscheinen oft beiläufig und fügen sich erst im weiteren Geschehen in die Handlung ein. Kameraführung und Lichtregie nutzen die ihnen eigenen Potentiale überzeugend. Ein kleiner Wermutstropfen die Filmmusik, welche Geschehnisse zum Teil in allzu bekannter Weise übersetzt. Aber letztendlich ein Punkt, der noch Steigerungen erwarten läßt.(Steffen Kühn)

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