Orgelfestwoche zur Einweihung der Eule-Orgel im Großen Saal der Hochschule 1 (Gerhard Lock)

Orgelfestwoche zur Einweihung der Eule-Orgel im Großen Saal der Hochschule 1
Eröffnungskonzert

Johann Sebastian Bach (1685?1750)
-Passacaglia c?moll BWV 582

Max Reger (1873?1916)
-Fantasie über den Choral ?Wie schön leucht uns der Morgenstern? op. 40 Nr. 2

Cesar Franck (1822?1890)
-Grande Piece symphonique op. 17

Marcel Dupre (1886?1971)
-Deuxieme Symphonie op. 26

Interpreten:
Christoph Krummacher (Bach, Franck)
Arvid Gast (Reger, Dupre)

Bilder:
Bild 1: Eule-Orgel im Großen Saal der Hochschule
Bild 2: Der alte Konzertsaal des Leipziger Konservatoriums


Der ganz große Triumph blieb aus

Jede Hochschule, zumal eine solch traditionsreiche wie das ehrwürdige Leipziger Konservatorium, kann sich glücklich schätzen, eine Orgel von der Größenordnung, wie sie am heutigen Abend eingeweiht wurde, ihr Eigen zu nennen. Wer Bilder des alten Hochschulkonzertsaales kennt, weiß, dass eine Orgel unbedingt in einen solchen Konzertsaal gehört und Leipzig kann sich freuen, dass nun die neue Eule­Orgel (der Bautzener Firma Eule) der Hochschule mit einer Festwoche ihrer Bestimmung übergeben werden kann.

Es gab im Vorfeld verschiedene Stimmen, solche, die den Bau einer derart großen Orgel begrüßten und solche, die Bedenken äußerten wegen deren Überdimensioniertheit. Doch bei dieser Diskussion ist zu bedenken, dass das Innenleben der Orgel aus Platzgründen in die Breite gezogen werden musste und deshalb solch ein gewaltiger Eindruck entsteht. Es sind immerhin 60 Register und verschiedene Spezialzungenstimmen, die untergebracht wurden, damit diese Orgel einen großen Bereich der Literatur bis hin zu Avantgarde abdecken kann. Somit hat die Hochschule eine ganz moderne Königin der Instrumente, die besonders für Werke des 19. und 20. Jahrhunderts deutscher (Reger, Karg-Ehlert, Liszt) und französischer Meister (Franck, Vierne, Widor) geeignet ist.

Nach diesem Konzert, dem Auftakt zur reich mit Konzerten gefüllten Orgelfestwoche, kann man sagen, dass die Orgel, die auch auf Wunsch des heutigen Rektors der Musikhochschule Prof. Christoph Krummacher in dieser Form entstand, sich zumindest optisch nicht aufdrängt. Sie fügt sich farblich und architektonisch gut in den Saal ein. Ob sie sich aber akustisch aufdrängen wird, blieb am heutigen Abend offen, denn sie hat noch nicht die große Klangwucht gezeigt, die sie durch ihre Größe erwarten lässt.

Solisten des Abends waren Christoph Krummacher und der international bekannte Leipziger Universitätsorganist Arvid Gast, der auch eine Professur an der Hochschule innehat. Beide sind versiert und gastieren im In- und Ausland. Für sie hätte es ein rauschender Triumph werden können, dieses Instrument mit Bach, Reger, Franck und Dupre einzuweihen. Leider konnte dieses Konzert jedoch nicht alle Erwartungen erfüllen. Es war schon fast beklemmend, wie viele Unsicherheiten Krummacher zeigte. Er hatte Bachs berühmte Passacaglia c-Moll (BWV 582) hoch konzentriert begonnen, im Verlauf des Stückes schlichen sich jedoch kleine Schnitzer und ungeplante Pausen ein, die der Interpretation schadeten. So war es allzu verständlich, dass er seinen ersten (verhaltenen) Beifall mit einem nicht sehr glücklichen Gesicht entgegennahm.

Nach der Pause präsentierte er sich dann sicherer und Cesar Francks ?Grande Piece symphonique? op. 17 gelang musikalisch sehr schön. Aber auch hier hielt diese Souveränität leider nicht bis ganz zum Ende und ein triumphaler Schluss des groß angelegten Orgelwerkes blieb aus. Allerdings ist Francks Grande Piece äußerst großdimensioniert angelegt und es ist nicht immer leicht, den Bogen über einen so langen Zeitraum hinweg zu spannen. Zumal durch die trockene Akustik (ohne Nachhall eines Kirchenschiffs) jeder Ton und jede Pause wie auf dem Präsentierteller liegen.

Souverän und sicher zeigte sich Arvid Gast bei seinen beiden Stücken. Gut aufgelegt präsentierte er die Fantasie über den Choral ?Wie schön leucht uns der Morgenstern? op. 40 Nr. 2 des seiner Zeit Meininger Hofkapellmeisters und ehemaligen Prof. für Orgel und Komposition in Leipzig Max Reger. Sie bot überraschende Wendungen und eine regertypische Klangdichte. Zum ersten Mal tauchten an diesem Abend ganz feine Nuancen auf, die das Potenzial der dreimanualigen Orgel aufblitzen ließen. Wenn Gast an manchen Stellen ungewöhnlich das Tempo anzog und davonstürmte, so ist das durchaus seiner sichtbaren Spielfreude zuzuschreiben.

Als Abschluss des Konzerts spielte Arvid Gast Marcel Dupres ?Deuxieme Symphonie? op. 26, die mit ihren drei Sätzen Preludio, Intermezzo und Toccata der Form nach durchaus in der großen Orgeltradition seit Bach steht. Die Musik des Lehrers von Olivier Messiaen hat jedoch klanglich einen ganz eigenen Charakter und neben orgeltypischen Kadenzwendungen findet man oft auch ins Atonale gehende Klangstrukturen. Gast spielte auch hier souverän und demonstrierte verschiedene Klangfarben und Register der Orgel. Interessanterweise wirkt diese Zweite Sinfonie für Orgel von Dupre nicht so pompös, wie es der Name vermuten ließe und sie kann nicht unbedingt mit dem groß angelegten Franckschen ?Grande Piece symphonique? verglichen werden.

Der rauschende Beifall nach dem letzten Werk wurde von einem berechtigten Bravoruf eingeleitet. Er galt sowohl dem Interpreten Arvid Gast als sicher auch der neuen Orgel, die sich nun die ganze folgende Woche mit Konzerten zwischen Jazz und Neuer Musik präsentieren wird. Das Publikum hat die beiden Interpreten mit starkem und einem Einweihungs- und Eröffnungskonzert angemessenen Applaus für ihre Darbietungen belohnt und so konnte sich das Gesicht von Christoph Krummacher letztendlich doch noch aufhellen.

(Gerhard Lock)

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