Junge Choreographen VII (Beatrice Wolf)

Haus Dreilinden, 24. April 2002
Leipziger Ballett
Junge Choreographen VII

(Fotos: Andreas H. Birkigt)


?Frische Spuren?

Applaus den Mutigen und den Fleißigen! Ein Hoch auf die, die sich neben ihren obligatorischen Aufgaben als Tänzer des Leipziger Balletts einer Öffentlichkeit präsentierten, in der sie erste und neue Schritte als Choreographen gingen! Respekt für den Mut, aus der Rolle des ausführenden Tänzers auszubrechen und nicht nur hinter verschlossenen Ballettsaaltüren eigene Ideen in individuelle Tanzsprache zu übersetzen, und dafür, heute auf der Bühne des Hauses Dreilinden als verantwortliche Tanzkreateure, Bühnen- und Kostümbildner sowie als Lichtdesigner zu agieren.

Sechs Arbeiten bildeten unter dem Titel ?Frische Spuren? einen vielgesichtigen lebendigen Tanzabend, der vom Publikum herzlich und wohlwollend aufgenommenen wurde. Bedenkt man, dass der Beruf des Tänzers mit seinem außergewöhnlich langen Ausbildungsweg von mindestens 8 Jahren die Fähigkeit, choreographisch zu arbeiten, keineswegs automatisch mit einschließt, so waren alle sechs Arbeiten des gestrigen Abends respektable und hart erarbeitete Miniaturen von Tänzern für Tänzer. Den jungen Tänzerchoreographen wäre zu wünschen, dass häufigere Aufführungen dieser Art, ihnen die Möglichkeit zur qualitativen und inhaltlichen Weiterentwicklung als Choreographen gäben. Das Tänzerleben ist kurz und für einige junge Talente wäre ein häufiger stattfindendes Podium junger Choreographen aus Klassik und Moderne mit Sicherheit der Schritt in eine berufliche Zukunft, von der auch die kleine Leipziger Tanzgemeinde profitieren würde. Vorwärts also und frischen Wind in die Segel des Tanzschiffes, auf dass die hohe Qualität des Leipziger Balletts auch außerhalb seines regulären Repertoires unsere Tanzlandschaft belebt und aufwertet.

Die sehr unterschiedlichen Arbeiten der fünf Tänzerchoreographen wurden zu einem Tanzabend arrangiert, bei dem viele der anwesenden Liebhaber des (modernen) Balletts irgendwann auf ihre Kosten kamen, was der schlussendlich langanhaltende Applaus und Jubel für das kleine Ensemble unüberhörbar zeigte.

Sebastian Angermaiers Stück ?Birne? eröffnete die bunte Folge. Seinem Kommentar im Programmheft war zu entnehmen, dass es ihm bei seiner Kreation weniger um einen ?strengen thematischen Rahmen? als vielmehr um die Umsetzung von Musik in Schritte und Bilder ging. Wie ein in buntes Knisterpapier gewickeltes, zuckersüßes Praliné wirkte das infantile Spiel der fünf Akteure, die kurzhosig und auf Socken um ein zentral positioniertes Sofa tobten. Unter Aufbietung aller pantomimischen und piepsstimmigen sprachlichen Mittel wurde im weiteren Verlauf Joseph Haydns Sinfonien Nr. 75 und 76 ein etwas anstrengend-schriller Unterhaltungswert abgewonnen. Finaler Höhepunkt des Stückes war der Kampf aller weiblichen und männlichen Tänzer um ein eben noch als Lampenschirm fungierendes schwarzes Tutu. Den Ausgang dieses Kampfes und gleichzeitig das Schlussbild war die Verschwörung der Gruppe gegen die triumphierende, letztlich das Tutu tragende Tänzerin, die alsbald von ihren eitlen Spielgenossen überwältigt und kopfüber an den Füßen aufgehängt wurde. So baumelte die nun Geknechtete letztlich schlaffarmig an Stelle der anfänglich installierten dauerblinkenden Tutulampe am Seil. Ein kräftiger Ruck an ihrem Arm löschte das Licht im Spiel-Raum und beendete damit den Kurzausflug in das Kinderzimmer erwachsener Rabauken.

Des Choreographen Anliegen, Musik in Schritte und Bilder zu übersetzen, mag im Detail rein formal realisiert worden sein. Im Ganzen war die Vielzahl der manierierten Einzelaktionen und der Dauerversuch, erwachsene Darsteller kindlich agieren zu lassen, zwar rhythmisch in die Haydn’sche Musik eingepasst, bewegte sich aber im Grunde eher neben ihr her. Vielleicht sehen wir diese Arbeit ja bei der nächsten Ballettschulgala wieder, einem Anlass, in dessen Rahmen das Stück mit Sicherheit passender besetzt, und seine letztendlich ja doch vorhandene thematische Grundidee glaubwürdiger umgesetzt werden könnte.

Mirco Mahrs erste Choreographie dieses Abends mit dem Titel ?Irgend ? Wann?? trug eine wesentlich reifere erzählende Handschrift. Ein Mann in legerem Anzug saß auf einer Rampe im Bühnenvordergrund und starrte in einen scheinbaren Abgrund. Hinter ihm der dunkle und leere Bühnenraum. Die Stimme Ben Beckers aus Klaus Kinskis ?Abschied? rezitierend, illustrierte akustisch die momentane Befindlichkeit des Grübelnden, der nach dem letzten Ausruf ?ich muss hier weg…? nicht in die Tiefe sprang, sondern entschlossen in den nun erhellten Raum trat. Eine Toncollage vermittelte Großstadtflair. Straßenlärm, Autos und die Geräusche vorwärts eilender Schritte, simulierten eine akustische Scheinaktivität. Darin beobachtend der Mann. Ein Befremdeter? Ein Fremder? Auf jeden Fall einer, dessen Bewegungen nicht zielgerichtet mit der fiktiven Menge Schritt halten.

Diese Figur mit ihren minimalistischen, beinahe wahrhaftigen Bewegungen, die eine innere Befindlichkeit andeuteten, machte neugierig. Wer war der Unbekannte, den Mirco Mahr uns hier vorstellen wollte? Mit dem Ablegen seiner Jacke wechselte die Atmosphäre auf der Bühne abrupt: Keith Jarretts lyrisch-kraftvolle Klavierkomposition Part IIc wurde nun zur Illustration der inneren Landschaft. An dieser Stelle verließ der Choreograph die fast realistische Beschreibung seiner Figur. An ihre Stelle setzte er eine dem Klassischen Stil kaum entrinnende, dennoch dynamisch in Richtung Modern Dance tendierende Bewegungssprache.

Keine Atempause dem Tänzer und den Betrachtern: immer weiter trieben Schrittkombinationen, kleine Sprünge und eine Vielzahl verschiedenster Drehungen um die eigene Achse den Protagonisten ? den Blick oft in den ?Himmel? gerichtet, die Arme kräftigen Flügeln gleichend. Ein winziger, zu kurzer Augenblick der Ruhe, als sich der Asphalt zur inneren Wiese verwandelte, auf der sich der Mann niederließ, um dann aber sofort wieder aufzuspringen und unvermittelt in einer der Gassen zu verschwinden. Leere Bühne. Ein Scheinwerferlicht tastete den Raum nach dem Entschwundenen ab. Der kehrte an anderer Stelle der Bühne zurück, tanzte weiter, verschwand erneut, kam wieder zurück und griff letztendlich nach seiner Jacke, um endgültig zu gehen. In der Ruhe danach beleuchtete der Suchscheinwerfer erneut die Seiten des Raumes. Diesmal blieb die Bühne leer. Während Morgenlicht den Bühnenhintergrund erhellte, schlich sich der Tänzer leise in den Zuschauerraum, nahm auf einem der Stühle Platz, kam zur Ruhe und wurde nun selbst zum Betrachter an einem anderen Ort, zu einer anderen Zeit.

Durch sein vielfach deutbares Ende lässt uns das Stück neugierig zurück und macht Lust auf mehr von Mirco Mahr. Es ist dem ambitionierten Choreographen zu wünschen, dass er öfter die Gelegenheit ergreift, um das Innere seiner Figuren zu erforschen. Vielleicht entsteht dabei eine ganz individuelle Bewegungssprache, mit der es ihm noch besser gelingt, über Menschen zu sprechen. Über Menschen, die uns im Moment der Begegnung mit ihnen vertraut erscheinen, uns berühren. Als Anfang des letzten Jahrhunderts die Vorreiter des Modernen Tanzes die Konventionen des Klassischen Balletts hinter sich ließen, war genau dies ihr Beweggrund. Sie bereicherten die Kunstsprache Tanz um ein schier unendliches Vokabular neuer Bewegungen, deren Lesbarkeit sich von der bis dahin dominierenden Ästhetik des Balletts unterschied. Zugunsten allgemeinverständlicher Inhalte entstand eine neue Kunstform in deren Tradition sich Mirco Mahr auch mit seinem zweiten Stück ?Bright Red? bewegte.

Allem voran ein Bravo für die vom Choreographen selbst entwickelte Bühnenidee. Vor einem leuchtend roten Hintergrund ein stilisiertes Zimmer. Ein Mann und eine Frau sitzen einander gegenüber an einem Tisch. Über ihnen ein großer runder Spiegel, der den Zuschauern durch seinen Neigungswinkel parallel zum herkömmlichen Blick in den Bühnenraum auch eine zweite Betrachtungsebene, eine Art Draufsicht ermöglicht. Gleichzeitig wirkte das Spiegelrund wie ein Loch oder Fenster im homogenen Rot der rückwärtigen Wand.

Eine herrliche Anfangssequenz zeigte das Paar, durch den Tisch zwischen ihnen getrennt, sich in winzigen Gesten und kleinen Posen ständig annähernd und wieder entfernend, sich berührend und sofort wieder in sichere Distanz zurückgleitend. Séverine Ferrolier und Christoph Böhm gelang hier eine präzise Umsetzung eines eingespielten Laurie Anderson Stückes, das als akustische Ebene eine Dopplung des nonverbalen Tänzerdialoges bildete. Leider war es schwer, dem eingespielten englischen Dialog zwischen Laurie Anderson und einem unbekannten Mann ebenso zu folgen, wie dem Geschehen auf der Bühne. Gegen Ende der ersten Szene brach die Frau aus der zwischenmenschlichen Konstellation in den Raum aus. Ein Solo folgte, vom immer noch am Tisch sitzenden Mann durch den Spiegel beobachtet. Eindeutige Distanz.

Im zweiten Bild begegnen wir der Frau mit vier seltsam gewandeten Herren in verschieden farbigen Chiffonblusen. Die vier trugen den Tisch, auf dem nun die Tänzerin lag, kreisend in den Bühnenraum. Während die Tänzerin, scheinbar befreit, expressiv den Raum ertanzte, wirkten die anwesenden Herren eher dekorativ und in ihrer Bewegungsuniformität alles andere als individuell beim Umwerben der Dame. Ob dies eine Rück- oder Vorschau, eine Traumsequenz oder eine Wunschvorstellung der Frauenfigur war, blieb dabei offen.

In der letzten Begegnung mit dem Paar war die räumliche Ordnung gestört. Der Tisch lag umgekippt am Boden, wurde zum Versteck, zum Schutzraum. Nur der Spiegel ermöglichte den Blick hinter das gestörte Bild. Zusammengekauert dort die Frau in Sicherheitsabstand zum Mann. Zwei Menschen, distanziert, entfremdet, kontaktlos. Im weiteren Verlauf wechselten beide die Positionen. Die Frau artikulierte sich in erneutem Solo, gewann wieder Raum. Der Mann dagegen robbte hinter den Tisch, vergrub den Kopf in den eigenen Armen, verharrte regungslos. Ein Bild der Resignation, der starren Ratlosigkeit, der schmerzvollen Stille.

Auch in seinem zweiten Stück gelang es Mirco Mahr besonders in den freien Darstellungen seiner Figuren, in ihren menschlichen Gesten, in der Bewegung durch innere Bewegtheit, ergreifende Momente großer Wahrhaftigkeit zu schaffen. Hier beobachtete der Choreograph genau und fand Wege, allgemeingültige, erkennbare Verläufe klar darzustellen, mit denen sich der Zuschauer problemlos ins Verhältnis setzen konnte, auch wenn sie wie in diesem Falle schmerzhafte Episoden des Lebens, unabwendbare Abschiede und Hilflosigkeit wachriefen.

Montserrat León widmete sich in ihrem Stück ?Libera me de morte aeterna? ebenfalls einem Thema, dass dem Publikum sicher nicht durch einen großen Unterhaltungswert in Erinnerung bleiben wird. Laut Programmheft beschäftigte sich die Choreographin hierin mit dem ?menschlichen Flehen und der Hoffnung ewiges Leben zu erlangen und nicht in diesem dunklen Tal wandeln zu müssen…?

Die Bearbeitung dieses äußerst gewichtigen Themas in der Choreographie zu Andrew Lloyd Webbers Requiem war schwer lesbar. Wenngleich eine fast sakrale Stimmung das Theater erfüllte. Schwierig war es, einer von Montserrat León konzipierten Zweiteilung des Bühnengeschehens zu folgen. Neben den tänzerischen Abläufen AUF der Bühne war im Bühnenhintergrund eine Leinwand installiert, auf der zeitgleich videoprojizierte Tänzer in einem völlig anderen Bewegungsduktus agierten. Den genauen Zusammenhang zwischen beiden Ebenen herzustellen, war mir bis zum Ende des Stückes nicht möglich. Eindeutig war nur, dass die tänzerische Professionalität der Gruppe auf der Bühne sich extrem von dem konstruiert wirkenden, hölzern-leblosen Bewegungschor in der oberen Projektionseben unterschied. Sollte die Farbgebung und Gestaltung der Kostüme sowie die Anordnung beider Aktionsebenen ein Sinnbild für ein zwar schwarzgewandetes, aber sinnlich-lebendiges Diesseits im Gegensatz zu einer hemdsärmeligen, hellen aber leblosen Ewigkeit sein, fiele mir die Entscheidung für das Hier und Jetzt leicht.

Auf jeden Fall ist der jungen und ambitionierten Choreographin unbedingt zu wünschen, dass ein so umfassendes Thema in einem anderen Rahmen und als eigenständige, ausführlichere Arbeit erneut zur Aufführung kommen könnte. Einige der Bewegungssequenzen ließen ein hohes Maß an choreographischen Fähigkeiten und einen eigenwilligen Umgang mit dem Grenzbereich zwischen klassischer Tanztechnik und den Möglichkeiten des modernen Ausdruckstanzes erkennen.

Steffen Fuchs‘ Choreographie ?Das Dorf ist verflucht? eröffnete den zweiten Teil des Abends. Sein kleiner Text im Programmheft beschrieb folgendes: ?Alle tragen ihre persönliche Büchse der Pandora mit sich herum. Wir streiten, hassen, bekämpfen und töten uns. Dennoch tragen wir immer einen Funken in uns, der uns auf den nächsten Morgen hoffen lässt. Und über allem scheint der Mond….?

Letzterer, der Mond also, war sicherlich das einzige wirklich erkennbare Detail solcher Beschreibung. Von übernatürlicher Schönheit glitt eine Frauengestalt durch den nachtdunklen Raum und bewegte sich fast schwebend und geradlinig in immer wiederkehrenden, ruhigen Bewegungsmustern durch den Raum. Spätestens als im zweiten Bild dieselbe Lichtgestalt ? von allen dazukommenden Tänzern unbemerkt ? ihre geraden Raumwege weiter entlangschritt, war es eindeutig: Sie sollte der ?helle Funke sein? oder die Mondfrau, die all die Brutalität und menschliche Unzulänglichkeit ausdauernd beleuchtet.

An dieser Stelle endete jedoch der kurze Ausflug in die Welt des lesbaren Tanzes, der übersetzbaren Formen. Wo die Anlage und Konstellation von Figuren im Raum auf drohende Aggression schließen ließ, erlebte ich nur leere Posen, unglaubwürdige Versuche, sich dem menschlichen Jammertal auch nur im Ansatz zu nähern. Die einzige kleine Ausnahme hierin bildete ein kurzes Stelldichein zweier Liebender, die sich ? immer noch in Anwesenheit der Mondfrau ? herzensgut und in fast schlaftrunkener Zärtlichkeit am Boden bewegten bis: die zarte Geliebte dem Angebeteten urplötzlich durch Erwürgen den Garaus machte. Überraschung! Und die Mondfrau sah weg…

In extremem Widerspruch zur hochgradig erregten Stimme, mit der die Sängerin die Arie der Armida aus Haydns gleichnamiger Oper vortrug, stand im dritten Bild eine alles andere als erregte Tänzerin, die nichts weiter tat, als zu versuchen, einen (ihren?) schlafenden Mann zu wecken. Musikalisches Zeter und Mordio stand im extremen Gegensatz zu seiner kraftlos-faden tänzerischen und darstellerischen Umsetzung. Spätestens hier wurde der Wunsch nach einem baldigen Ende des Dorfausfluges übermächtig.

Dies ließ jedoch noch eine kleine Weile auf sich warten, denn zuvor versammelten sich alle (auch der erwürgte Geliebte durfte weiter tanzen) Bewohner des bisher im Grunde harmlosen Ortes auf dem Anger und fanden sich in Eintracht zu harmonischem Paartanz und Reigen zusammen. Zumindest über diese letzte Sequenz freuten sich zwei ältere Damen neben mir sehr. Mit einem zustimmenden Nicken lächelten sie sich an und fielen ein in den höflichen Beifall des Publikums für diese sicher schwächste Arbeit des Abends.

Den furiosen Abschluss gestaltete Michael Veit mit seinem Stück ?In Heaven?. Darin beschäftigte auch er sich mit dem Thema Tod und einem möglichen Danach. Seine Arbeit unterschied sich jedoch vollkommen von der Montserrat Leóns und bot dem Publikum einen Einblick in eine völlig andere Vision von einem Jenseits, das keineswegs den Eindruck ewiger Dunkelheit erweckte, sondern eher einladend lebendig und ausgelassen wirkte.

Den Einstieg in diese skurrile Geschichte über den Tod erlebten wir mit einer Frau, die sich in einer alltäglichen Situation vor dem Verlassen des Hauses in ihrer Wohnung aufhält. Eine Geräuschcollage untermalt morgendliche Geschäftigkeit zwischen Badezimmer, Küche und Kleiderschrank. Irgendwann verlässt die Protagonistin die Wohnung, wenig später, durch eine kurze Unachtsamkeit vom Verkehr abgelenkt, liegt sie reglos im Raum. Tod. Drei weiß gekleidete Tänzer schieben sich sanft und leise in den Raum, die Tote nicht wirklich beachtend.

In schönen, organischen Bewegungssequenzen (hier gab es einen erholsamen Ausflug in die Sprache des Modern Dance) umtanzten die drei, modernen Engeln gleich, immer enger die liegende Frau. Diese wurde alsbald von ihren Kleidern befreit und in ein blütenreines Gewand verfrachtet. Kaum war auch sie ?weiß?, begannen die Himmelshelfer ein nicht wirklich freundliches Verwirrspiel mit der Wiedererwachten, indem sie abwechselnd kleine Lichter einschalteten, auf die die Verwirrte im Dunkel immer schneller zueilte.

Zweites Bild: Vorhang auf und Licht herbei… Im Himmel mussten wir wohl sein, in einem besonderen Himmel. Strahlend weißer Nebel und hellstes Licht erfüllten den Raum, in dem sich bereits neun weiß gekleidete Tänzer befanden. Unübersehbar auf einer Showtreppe: eine riesige Marlene Dietrich Figur, ein Mann in Pumps mit elegantem Frack und Glitterzylinder. Der himmlische Zeremonienmeister erhob sich endlich. Weder richtend, noch angsteinflößend, sondern schlicht und ergreifend skurril-schön und elegant. So schritt er die Stufen herab und begann mit den anwesenden Neuankömmlingen, der eingetroffenen Dreieinigkeit der modernen Engel und der eben Verstorbenen einen wild-fröhlichen und hemmungslos ausgelassenen Tanz.

Gospel bewegt immer. Und so schwappte auch hier von allen Akteuren auf der Bühne das wahrhafte Lachen und die erfrischend private Ausgelassenheit bis in die Stuhlreihen ?auf Erden? über. In diesem Sinne sah Michael Veit dem Ende entgegen. Davon wollte ich etwas mitnehmen und behalten. Soviel Licht und Helligkeit gab dem Abend einen wirklich lebendigen Ausklang. Freunde und Interessierte dankten es all den sichtlich erleichterten Machern und einige werden wiederkommen, wenn das Leipziger Ballett zum Podium junger Choreographen VIII einlädt.

(Beatrice Wolf)


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