Mit Worten retten

Eckengas Reime eignen sich für eine bessere Welt im Kleinen

Als Herbert Grönemeyer mit seinem Lied Kinder an die Macht den veritablen Vorschlag machte, Panzer aus Marzipan zu bauen, die dann die Kinder einfach aufessen würden, war klar, dass diese Abrüstungsidee bei den großen deutschen Rüstungsschmieden auf keine Gegenliebe stoßen würde. Nun, einige Jahre später, legt ein anderer Wortakrobat seinen Beitrag zum Weltfrieden auf den Tisch. Um es gleich vorweg zu sagen, Fritz Eckengas Reime sind zwar genauso schmackhaft wie Grönemeyers Marzipanpanzer, aber figurtechnisch doch bekömmlicher. Und sie haben noch einen anderen großen Vorteil: Vor einem übermäßigen Verzehr muss nicht gewarnt werden.

In Zeiten eines drohenden Krieges und ökonomischer Untergangsstimmung verliert schon so mancher Zeitgenosse auch mal die Lust am irdischen Dasein. Gegen die in allen Varianten auftretenden Schlechtigkeiten dieser Welt bringt Eckenga seine Rettungsreime in Stellung. Mal kommen sie sehr galant daher, dann wieder scharf wie ein Schlag mit der achtschwänzigen Nilpferdpeitsche. In einem ersten großen Abschnitt widmet sich Eckenga einem der Grundpfeiler der menschlichen Existenz (der andere ist der Geschlechtstrieb) – dem Essen. Und hier offenbaren sich dem Leser einige erstaunliche Erkenntnisse. Warum gab es früher in der Schule Montags immer Eintopf? Begründung: Nach fehlgeschlagenem Eintopfkochen beschloss der Schöpfer lapidar, das müssen in Zukunft die Deutschen essen.

Böse Zungen behaupten von George Bush, er sei Legastheniker. Zur Erinnerung, dabei handelt es sich um eine Lese- und Schreibschwäche. Das soll hier nicht kommentiert werden. In den deutschen und amerikanischen Feuilletons wurde jedenfalls deswegen die sommerliche Ferienlektüre des Präsidenten (The Supreme Command) ausführlich kommentiert. Grundtenor ist, dass in Krisenzeiten der Staat eine starke Führung braucht. Es ist nicht überliefert, dass der Texaner der deutschen Sprache mächtig ist, doch an einer Übersetzung sollte es nicht scheitern. Eckenga geht nämlich in einem Gedicht der These nach, dass mangelnde Kochkünste in den Familien junge Menschen dazu bringen könnten, sich abseits der allgemein empfohlenen Tugendpfade zu bewegen.

Dass Eckenga auch ein Sportsmann von Gnaden ist, beweist er in seinen Reimen, die er mit Sportplatzpoesie betitelt hat. Hier begibt er sich mit Gerd Rubenbauer auf die Suche nach der verlorenen Hundertstelsekunde, lässt sich von Matthias Sammer bereitwillig mit einem Doppelwortschatzhammer (Charakter und Respekt) vermöbeln, erklärt warum Werner Lorant nicht mehr Trainer von 1860 München ist und verteilt zum Schluss einen Lolli für Oliver Kahn. Eckenga fügt so raffiniert Wort an Wort, dass man den Eindruck gewinnen kann, er lässt sich beim Dichten von den Worten treiben. Die ganze Mühsal des Dichtens verschwimmt. Der nächste Ärger mit dem Chef oder Ehegatten, Frust mit den Kindern kommt bestimmt. Lassen Sie sich von den Reimen retten! Sie helfen!

Fritz Eckenga: Draußen hängt die Welt in Fetzen, lass uns drinnen Speck ansetzen. Rettungsreime
Verlag Antje Kunstmann, München, 2002
143 Seiten, 12, 90 €

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