Wenn Pianisten singen

Selten zu hörende Lieder von Rachmaninow bei den XII Internationalen Chopin-Tagen vom 17. bis 20. Oktober 2002

Die seltene Gelegenheit, Lieder von Sergej Rachmaninow zu hören, boten die diesjährigen Chopin-Tage, die im Zeichen der Trias „Chopin & Skrjabin & Rachmaninow“ standen. Während die Lieder von Chopin, die ebenfalls im Eröffnungskonzert erklangen, eher schlicht und volkstümlich sind, sind die Rachmaninows noch mehr pianistisch ausgeprägt. Die Begleitung wirkt fast wie ein Klavierkonzert en miniature und die Melodien besitzen teilweise die Wucht und Unerbittlichkeit einer Pianistenhand.

Hätte Ksenija Lukic mit ihrem zum Teil leicht übersteuert wirkenden Koloratursopran die Leidenschaft etwas weniger über die Phonstärke definiert, so wären die Schönheiten dieser Musik mehr zum Tragen gekommen. Diese Vermutung bestätigten die vier Lieder am Ende des Konzerts, in denen die Sopranistin weicher, wärmer und gerade dadurch auch eindringlicher sang. Sofort trat auch das dezente, aber letztendlich doch spannendere Spiel der Begleitung mehr ins Bewusstsein – als ein atemloses Brodeln unter der bröckelnden Oberfläche der typisch Rachmaninow’schen Klangschönheiten.

Überhaupt wirken diese Lieder wie Versuche, eine romantische Stimmung und Sehnsucht in den kurzen Augenblicken der vertonten Verse zu versenken und festzuhalten. Dies hängt gewiss auch mit der improvisatorisch anmutenden Form dieser Kompositionen zusammen. Der meditative Grundton des Rachmaninow’schen Klavierspiels ist jedenfalls an allen Stellen unverkennbar, wobei dieser Künstler niemals seine Leidenschaft verleugnet, die im Innern seiner Musik zehrt und glüht.

XII Internationale Chopin-Tage, 17. bis 20. Oktober 2002
„Chopin & Skrjabin & Rachmaninow“

Eröffnungskonzert
Lieder- und Klavierabend

Ksenija Lukic – Sopran
Larissa Kondratjewa – Klavier

Fryderyk Chopin
Sieben Lieder aus 17 Lieder: op. 74 (Nr. 1, 2, 3, 8, 9, 16)
Zwei Mazurkas: op. 17 Nr. 4 / op. 30 Nr. 3
Polonaise-Fantasie As-Dur op. 61

Sergej Rachmaninow
Fünf Lieder: op. 4 Nr. 4, op. 26 Nr. 10, op. 21 Nr. 12, op. 21 Nr. 6, op. 14 Nr. 1

Alexander Skjabin
Zwei Mazurkas: op. 25 Nr. 3, op. 3 Nr. 7
Zwei Poeme op. 32

Sergej Rachmaninow
Vier Lieder: op. 8 Nr. 5, op. 21 Nr. 7, op. 8 Nr. 4, op. 14 Nr. 11

17.10. Polnisches Institut, Markt 10

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