Leipzig lockt Frank Bröker

Ein Porträt

Aus Münster kommt er. Seine ersten Eindrücke in der Stadt an der Pleiße hat Frank Bröker acht Wochen lang gesammelt und gleich niedergeschrieben. Logbuch Leipzig heißt das Werk, illustriert von Michael Blümel, ebenfalls Neu-Leipziger. Es erscheint im Dezember 2002 im Verlag Jens Neuling. Dazu gibt’s die Single-CD zum Buch, sie enthält zwei Leipzigsongs, die in derselben Zeit entstanden sind. Weitere Querverbindung: Im Backgroundchor wirken Personen des Buches mit, u.a. Volly Tanner. Geplant ist neben einer Buchvorstellung im Rahmen der Leipziger Buchmesse eine Clubtour durch Leipzigs Kneipen mit Lesung, Live-Illustration und Musik.

Vielseitig war Frank Bröker schon in Münster, dort hat er u.a. als Festivalveranstalter, Autor, Musiker, Sozialarbeiter und Drogenberater gewirkt. Vielseitig will er auch in Leipzig bleiben. Und Neues ausprobieren. Er plant, eine Künstleragentur zu gründen, um etwas für die Vernetzung der musikalischen und literarischen Undergroundszene in Ost und West zu tun. Seine Zeitschrift „HÄRTER“ gibt er auch weiterhin heraus, sie existiert seit 1996 und erscheint mittlerweile einmal im Jahr. Gerade ist die Nr. 9 fertig geworden und stapelt sich druckfrisch in seinem Arbeitszimmer. Ein Theaterstück ist auch in Planung, und ein Bandprojekt: Genreübergreifend, typisch Bröker eben.

Den offenen Blick des Neuankömmlings hat er nicht abgelegt, zu vieles, das ihn an der neuen Stadt begeistert: „In Leipzig bewegt sich was“, meint Frank, als ich ihn in der Küche seiner Altbauwohnung im Zentrum Leipzigs besuche, „Münster bleibt, wie es bleibt.“ Die Kulturszene reizt ihn, Leipzig ist eine Weltstadt im Westentaschenformat, und das, wie er beinahe pathetisch sagt, „mitten in Europa“. Die Nähe zum Osten, die Nähe zu Berlin. Naja, und die Liebe war auch nicht ganz unschuldig, dass es ihn nach Leipzig zog … „Schwarze Elster der Liebe“, heißt so nicht einer der Songs seiner Logbuch-CD?

Auf das Thema „Ossi-Wessi“ angesprochen, erzählt Bröker von diversen Erlebnissen im Dienstleistungssektor. Egal, ob im Café oder auf Ämtern, „man wird schnell angepampt hier“. Dafür gefällt ihm das langsamere Tempo, alles läuft eher lebens- als leistungsorientiert. Vor allem das gemütliche Chaos der Leipziger Verkehrsführung amüsiert ihn. Die Umleitungen werden mit stoischer Gelassenheit genommen. Und dann diese Sparsamkeit, dieses Mc. Geiz-Syndrom, doch davon mehr im Logbuch Leipzig.

Neben dem Logbuch hat Frank Bröker bereits eine Reihe von Veröffentlichungen aufzuweisen: Schwer Verletzt in der edition MINOTAURUS, Jukebox BRD im Verlag Jens Neuling, zahlreiche Veröffentlichungen in Zeitschriften und auf CDs, Tapes unter dem Pseudonym „Pichelstein“ und „Vampstone“. Die erste Band gründete er 1989: „Caution Screams“. Danach folgten „Fette Helden“, „Spark*n bow“, „Poets in arms“. Punks goes Folkwave und zurück. Insgesamt 5 CDs nebst Vinyl erzählen diese Geschichte. Auch nachvollziehbar unter der Website: http://www.st-groessenwahn.de.

Sowohl musikalisch als auch literarisch will er jetzt die Leipziger Szene aufmischen und freut sich über den guten Nährboden. „Ich hoffe, dass es sich noch mehr mischt“, meint er. Dass es irgendwann egal ist, wer von hüben oder drüben kommt. Und dass sich die Künste mischen. Vielseitig sein, genreübergreifend. Weg mit den Mauern zwischen Malerei, Literatur und Musik. Ich glaube, auf einen wie Frank Bröker hat das Leipziger Allerlei nur gewartet.

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