Georgette Dee & Band (Babette Dieterich)

15.12.02 Leipziger Schauspielhaus

Georgette Dee & Band
Just Lovesongs


Unentschiedene Hosenrolle

Georgette Dee in Hosen, Georgette Dee mit Band. Zwei äußerliche Neuerungen der Grande Diva des Chanson, die einen gewissen Mut beweisen, eingefahrene Gleise zu verlassen. Die Novitäten kommen schrittweise: Im ersten Teil des Programms sehen wir Georgette noch barfuß im roten Samtkleid, ?an dem sich die Geister scheiden?, abwechselnd an Rotweinglas und Zigarette saugend. Rot, Feuer, Liebe ist angesagt. Just Lovesongs eben. Um sie herum ihre ?Boygroup?, mit Christian Ludwig Mayer an Klavier und Akkordeon, Thomas Bostelmann an der Gitarre, Jürgen Attig (Bass) und Sebastian Apert (Percussion).

Die neuen Klänge, vor allem durch den Percussionisten Apert am teilelektronischen Schlagzeug, mischen sich reizvoll mit dem expressiven Vortrag von Georgette, mal als ungewöhnlicher Klangteppich, mal mit aggressiven Akzenten. Mag es zwischen Georgette und ihrem langjährigen Begleiter Terry Truck auch mehr Interaktion gegeben haben, kleine Neckereien und Spielchen, die man zwischen der Diva und ihren knackigen Boys jetzt vermisst, so macht das sensible, die Stimme nie überdeckende Spiel des Ensembles und das neue Klangspektrum dieses wett.

Im ersten Teil hat man eher das Gefühl: Georgette wie immer, die Zwischenmoderationen werden zu Histörchen ausgebaut, sie trinkt, sie raucht, sie wirbelt herum. Etwas routiniert vielleicht, nicht ganz so beseelt, wie man sie kennt. Ein paar neue Lieder sind dabei, wie gewohnt in gewagter Mischung zwischen Franz Schubert, Popette Betancor und Kurt Weill. Die bekannten Lieder werden, in dem Versuch, sie neu klingen zu lassen, beinahe lustlos heruntergenudelt. Technische Pannen bezieht Georgette souverän in ihre Moderation ein, bis auf Terry Trucks gelegentliche Bemerkungen mit seinem charmanten Akzent fehlt uns nichts. Doch wo bleibt bitteschön die Hose, die Georgette auf dem Plakat trägt?

Die kommt im zweiten Teil des Programms. Und da fangen die Schwierigkeiten an. Die liegen nicht an der schwarzen Hose und dem gleichfarbigen Oberteil mit Bauchtasche. Georgette zwingt sich plötzlich in eine innerliche Rolle, die ihr gar nicht steht. Die sonst wild gestikulierenden Hände in der Bauchtasche gefangen, statisch, nachdenklich steht sie da und versucht, auf ernst und intellektuell zu machen. Klappt irgendwie nicht. Und allzu lang hält sie es in diesem Korsett auch nicht aus und belohnt das ausverkaufte Haus mit einem Schluss-Medley aus bekannten Stücken. Da tobt das Publikum.

Den neuen Sound mit der Band nehmen wir ihr ab, die neue Hosenrolle nicht. Die starken Momente waren überwiegend im ersten Teil des Abends, wenn Georgette mit ihrer Stimme und der Stimmung spielte: Flüsternd, stöhnend, schreiend, verrückt herumtanzend mit Headbanging. Sie beherrscht die exzentrischen Gefühle und rasanten Gefühlswechsel. Schade ist nur, dass bei der exaltierten Aussprache, dem extremen Dehnen und Raffen der Silben, die Verständlichkeit manchmal auf der Strecke bleibt. Doch die Innerlichkeit, die Georgette neben diesen ekstatischen Ausbrüchen im ersten Teil zelebrierte, ist glaubhaft und benötigt keine Hose.

(Babette Dieterich)

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