Frinz Langs „Nibelungen” bei „Übergriffe: Medienkrieg – Kriegsmedien” und beim Stummfilmfestival in der Schaubühne (Max Bornefeld-Ettmann)

Übergriffe: Medienkrieg ? Kriegsmedien
09. bis 18. Januar 2003, Schaubühne LindenfelsDas 5. Stummfilmfest der Schaubühne Lindenfels
„Kriegerische Akte“
09. bis 11. Januar 2003

Eröffnungsfilm „Die Nibelungen Teil 1: Siegfried“ (D 1924)

Livemusik:
Matthias Zeller: Violine, Percussion
Christoph Schenker: Violoncello
Jens Baermann: Flügel

Unter dem Obertitel „Übergriffe: Medienkrieg – Kriegsmedien“ geht es in der Schaubühne Lindenfels vom 09. bis 18. Januar um das Verhältnis von Krieg und Medien, speziell um Implikationen des Krieges in der Kunst, um die Frage nach Ästhetik und Wahrheit, Propaganda und Reflexion, nach zeitlosen Formen und aktuellen Assoziationen. Mit Filmvorführungen, Vorträgen und Installationen einem Thema unter einem Dach nachzugehen, bietet sich in der Schaubühne an, mit ihren unterschiedlichen Räumen und Atmosphären sowie Ihrer gemischten Besucherschar. Eröffnet wird die „Kollektion 03“ mit Fritz Lang:

„Die Nibelungen Teil 1: Siegfried“ (D 1924)

„Ein geschlagenes Volk dichtet seinen kriegerischen Helden ein Epos in Bildern – das ist eine Tat! Fritz Lang schuf sie und ein ganzes Volk steht ihm zur Seite. Ein ganzes Volk, weil eben dieses er bei seinem innersten Herzen fasst […] Der Gedanke des Nibelungenfilms ist heute zu einem Bedürfnis ausgewachsen, nicht zum Bedürfnis des Einzelnen, sondern zum Bedürfnis der Gesamtheit. Wir brauchen wieder Helden.“ So zitiert Lars Meyer, Kinochef der Schaubühne, in seinem Einleitungsvortrag „Die Filmwoche“, ein Organ des Vorsitzenden der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) und Medienmoguls Alfred Hugenberg. Meyer weist auf die hohe Aktualität der Heldensage hin, in der es nur Schwarz und Weiß gibt. Ein Werk in der Zeit nach dem Weltkrieg und vor Leni Riefenstahls „Triumph des Willens“, der Parallelen aufweisen soll, nach Kracauer mit Figuren, König und Gefolge in symmetrischer Anordnung, mit einer Ornamentik, die „Allmacht, ja Diktatur“ bezeugen würde ? all das läßt uns Lars Meyer wissen und auch, daß man diese Fragen kontrovers diskutiert hat und weiterhin diskutieren muß.

Die Musiker treten an die Instrumente, der Film beginnt. Was ist das für ein Geräusch? Es scheppert und rollt, es erweitert sich um viele Töne, greift aus und geht über in einen prächtigen Klang. Aus einem Flügel, einem Violoncello, einer Violine und ein paar Percussions wird ein ganzes Orchester, das eine Art Programmusik zum Film beiträgt, ohne ihn zu vertonen. Wenige Male greift einer direkt in den Film hinein, einmal z. B. als zum ersten Mal die Fanfare ertönt.

Sonst aber werden nicht die Dialoge nachgespielt oder den Bewegungen Töne nachgeschoben. Hier wird eine Flutwelle von der Leinwand ins Publikum gespült, das leise in den Wogen mitschwingt und seinerseits einen Teil der Atmosphäre dem Film beigibt. Das Lachen der Protagonisten bekommt die Laute von uns. Wer es noch nicht wußte, begreift jetzt, warum bei der Einführung des Tonfilms protestiert wurde. Unmittelbar greifbar macht das Geschehen die Livemusik. Orientalisch anmutende Klänge werden eingeflochten in eine zwiespältige Szene, gleichförmige Läufe geben Kraft. Nicht eine bestimmte Person wird mit einem Thema wiedererkannt, nicht eine Parallele durch eine Wiederholung postuliert – denn so einfach ist es nicht! Der Rausch der Töne ist ein Rausch der Farben, tiefer und breiter. Ist die Geschichte auch nicht hochkomplex, sind die Charaktere nicht sonderlich kompliziert, mag man sich über die Kulisse wundern, z. B. über die einfachen Muster der Gewänder und der Decken und Türrahmen, dies ist ein Meisterwerk. Dank sei Fritz Lang, Matthias Zeller, Christoph Schenker und Jens Baermann.

(Max Bornefeld-Ettmann)

Auf dem Programm stehen weiterhin:

„Die Geburt einer Nation“ (USA 1915)

„Sturm über Asien“ (UdSSR 1928)

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