Dem Gedenken ein Gesicht geben

Die Installation von Fee Fleck versucht sich dem Schrecken anzunähern

Wie dem Schrecken ein Gesicht geben? Wie die Trauer und den Schmerz darstellen? Wie Hoffnung geben und doch nicht ins Beliebige, Kitschige und Profane abgleiten? Diese Fragen geistern durch den Kopf, wenn darüber gesprochen wird, wie an die Opfer der Shoah gedacht werden soll. Wie langwierig, um jedes Detail feilschend diese Diskussion sein können, hat das Berliner „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ gezeigt. Schon allein der sperrige Titel zeugt davon. Warum war es nicht möglich, am Brandenburger Tor auch der ermordeten Sinti und Roma, der Homosexuellen, oder besser: aller Opfer der national-sozialistischen Diktatur zu gedenken? Das wird das Geheimnis der Politiker bleiben, die darüber zu befinden hatten.

Der Warschauer Aufstand brach im August 1944 aus und wurde im Oktober 1944 von den deutschen Besatzungstruppen niedergeschlagen. Etwa 170.000 Polen wurden getötet, 80.000 Warschauer in Konzentrationslager, Hunderttausende zur Zwangsarbeit deportiert. Der Warschauer Aufstand ist für die polnische Bevölkerung einer der Grundpfeiler ihres kollektiven Gedächtnisses. Die Mainzer Künstlerin Fee Fleck hat sich mehr als drei Jahre intensiv mit diesem Ereignis auseinandergesetzt. Die Ausstellung präsentiert das Modell des Denkmals, für das die Künstlerin noch einen Ort in Deutschland sucht. Es soll zum 60. Jahrestag des Warschauer Aufstandes als begehbare Installation eröffnet werden.

Drei Fotos geben dem Besucher einen Eindruck, welche Katharsis Warschau und das Areal, das als Ghetto bestimmt wurde, hinter sich haben. Das erste Bild stammt aus dem Jahr 1935. Es zeigt ein dicht bebautes Zentrum. Zehn Jahre später ist davon nichts mehr übrig. Gähnende Leere, wo Häuser standen, das Geschäftsleben pulsierte. Eine Trümmerwüste. Eine Anklage aus Ruinen. Ein Ordner enthält Fotografien von Joe J. Heydecker, der mit dem Titel „Die Stille der Steine“ versehen ist. Sie lassen die Brutalität der Kämpfe erahnen, die unerbittliche Härte, mit der die deutschen Soldaten den Aufstand niederschlugen.

Die Installation besteht aus 18 Röhren, die 18 Straßen im Warschauer Ghetto repräsentieren. Ihre Namen sind in die Röhren eingestanzt, so dass Licht durchscheinen kann. Man kann sich vorstellen, welch beklemmende Atmosphäre sich einstellt, wenn man nach oben durch die Buchstaben blickt. Die Assoziation mit einem Kellerloch kommt sehr schnell. Die Röhren sind in drei Reihen angeordnet. Die sechs Röhren jeder Reihe haben einen anderen Durchmesser. Das Denkmal gibt sich schlicht. Es verzichtet auf überflüssige Metaphorik. Im Obergeschoss sind Bilder ausgestellt, die Fleck zu Miron Bialoszewskis Erinnerungen an das Warschauer Ghetto („Nur das was war“) gemalt hat. Sie zeigen die Explosionen, das Feuer, die Angst und den Hunger.

Auf einer Seite von Flecks Arbeitsbuch, das in einer Vitrine ausgestellt ist, kann man lesen: „Macht nichts, ich bin kein technischer Zeichner.“ Vielleicht ist es gerade diese Ehrlichkeit, die diesen Entwurf so überzeugen lässt. Jetzt muss er nur noch realisiert werden.

Warschauer Aufstand 1944 – Installation von Fee Fleck
Eintritt frei
Polnisches Institut, bis zum 14. März

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