Schüchternheiten und andere Untiefen der Männerseele

„Ich gucke nur, wenn du nicht guckst und hoffe, dass du’s siehst”: Masen und Band geben Konzert im Frosch-Café

Vom Verlieben, Schlussmachen und der Zeit dazwischen will Masen erzählen und singen. Und man spürt sofort: Hier singt, musiziert und plaudert einer, der sich Gefühle erlaubt, auch wenn er ironisch beim Lied vom „König des Leidens“ behauptet, solches Verhalten kenne er nur aus Talkshows, nicht aus eigener Erfahrung: „Alles, was mir weh tut, kenne ich genau, ich pflege meinen depressiven Überbau“. Mit großer Leichtigkeit, ohne auch nur einen Moment lang oberflächlich zu sein, segelt der deutsch-syrische Songwriter durch die Untiefen der Männerseele.

Masen tritt mit Band auf, ein perfektes Männerquartett, das einen stimmigen, musikalischen Stilmix präsentiert. Masen selbst überzeugt mit seiner einfühlsamen Stimme und Gitarrenspiel, Tobias Kabiersch bearbeitet zumeist den Bass, greift aber auch mal zu Percussion oder singt eine zweite Stimme. Immer wieder brillant in seinen Soli: Stefan Schätzke an der Klarinette, und Dietrich Wöhrlin hält mit seinem Rhythmusgefühl am Schlagzeug die Band zusammen. Bossa Nova trifft auf Klesmer, Popchanson geht mit Punk eine Liaison ein, mitreißende Grooves und eingängige Ohrwürmer verleiten das Leipziger Publikum nach anfänglichen Schüchternheiten zum Mitsingen.

Überhaupt, die Schüchternheiten, das ist eines der großen Themen Masens. Das Titellied des Programms und der neu erschienenen CD (bestellbar unter www.masen.de) könnte zur Hymne aller schüchternen Barhocker avancieren: „Ich gucke nur, wenn du nicht guckst und hoffe, dass du’s siehst.“ „Vielleicht kann ich einfach nur dein Feigling sein“ heißt es in einem anderen Lied. Die Texte sind intelligent, nie das Beiwerk der guten Musik und leben von Zwischentönen und gut beobachteten Details. An einem „Durchschnitts-Tag“ mit „Durchschnitts-Temperatur“ fällt einen der „Bienenstich voller Wespen“ ins Auge. Da hilft nur „Wespen verjagen, nichts hinterfragen“.

Mit diesem Programm und seiner Band erhielt Masen vergangenen September den Preis des Publikums beim „Zarah 2002″(Deutscher Chansonpreis). „Der einzige Kandidat, der beim Publikum Begeisterungsstürme hervorrief“(FAZ , 23.09.02). Masen bringt eine neue Ehrlichkeit und Unaffektiertheit in die deutsche Chansonszene. Hier baut keiner auf Effekte oder versucht, mit aufgeblähten Arrangements dürre Worte aufzupeppen. Masen überzeugt sowohl musikalisch als auch mit seinen Texten. Vielleicht ein Erbe der arabischen Märchenerzähler, das Masen gekonnt mit der Tradition der deutschen Liedermacher verbindet. Jedenfalls gehörte er beim großen Erzähl-Wettbewerb 2002 des Berliner Tagesspiegels zu den drei Hauptgewinnern.

Noch ein paar Kostproben aus Masens Songperlen: „Mein Kopf ist auf den Schultern, wo ist der Verstand?“ Und ein weiterer Aufschrei aus der masochistischen Männerseele: „Verliebt sein ohne Schmerz ergibt keinen Reim auf Herz.“ Oder ein wenig surreal: „Im Traum bin ich der Kater vom Pförtner im Theater“. Wir träumen gerne mit. Masen hat uns überzeugt. Hoffentlich hat ihn auch das Publikum bei seiner Leipzigpremiere im Frosch Café überzeugt, und er kommt bald wieder. Immerhin haben wir ihm und seiner Band noch vier weitere Zugaben herauskitzelt. Wir werden beim nächsten Mal auch etwas weniger schüchtern mitsingen. Versprochen.

„ich gucke nur, wenn du nicht guckst und hoffe, dass du’s siehst“

Masen und Band, Leipzigpremiere

Frosch Café, 26.02.03

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