GewandhausOktett spielt Kammermusik im Mendelssohn-Saal mit Werken von Spohr und Beethoven
Ludwig Spohr gehört zu jenen Komponisten, die häufig mit dem unseligen Begriff des „Kleinmeisters“ belegt werden. Dass Spohr durchaus zu den großen Meistern zählt, beweist neben vielen anderen seiner zahlreichen Werke beispielsweise das Nonett op. 31. Geschickt berücksichtigt Spohr hier die reizvolle Vielfalt möglicher Klangkombinationen, die sich aus dem Zusammenspiel von Streichern, Flöte, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott ergibt, indem er teils die Streicher und die Bläser als getrennte Gruppen einander gegenüber stellt, teils einzelne Bläser und Streicher miteinander koppelt. Ein großes Hörvergnügen bietet neben diesem großen klanglichen Reichtum auch die ebenso verspielte wie unbefangene Melodik, welche unmittelbar für sich einnimmt. Zur großen Kunst wird das ungewöhnlich besetzte Werk aber nicht allein durch diesen kräftig strömenden „Melodienborn“ (Eugen Schmitz), sondern vor allem durch den deutlichen kompositorischen Anspruch Spohrs, der bei aller Anlehnung an Beethoven durchaus zu individuellen formalen Lösungen findet. In seiner Selbstbiographie schreibt Spohr über den Kompositionsauftrag des Wiener Tuchhändlers und Kunstmäzens Tost: „Ich fühlte mich durch die Schwierigkeit der Aufgabe angezogen, willigte mit Freuden ein und machte mich sogleich an die Arbeit.“ Das musikalische Ergebnis dieser Herausforderung beweist, dass es sehr wohl möglich ist, künstlerischen Anspruch mit volkstümlicher Wirkung zu verbinden, vor allem aber, dass man Ludwig Spohr mit dem Etikett des „Biedermeier-Komponisten“ nicht einmal entfernt gerecht wird.
Das durch Flöte und Oboe aufgestockte GewandhausOktett fand im Allgemeinen den dieser Musik angemessenen Ton. Leichtigkeit und Frische bestimmten das Spiel der Musiker, die allenfalls in den konzertant-virtuosen Passagen teilweise ins Schlingern gerieten, was rhythmische Präzision und Intonation angeht. Zudem wurde mit Spohrs dynamischen Vorschriften manchmal sehr großzügig verfahren. Da geriet ein eigentlich sehr leise gedachter Abschnitt schon einmal recht laut, und auch die klangliche Balance der Instrumente verschob sich manchmal zum Übergewicht der einen oder der anderen Gruppe. Der durchgängige musikantisch-unbeschwerte Ansatz der Musiker wetzte durch seine große Lebendigkeit aber so manche Scharte aus, zumal diese mit feinem Gespür jene Stellen ausfindig machten, an denen Spohr die konventionellen Bahnen verlässt.
Ähnliches lässt sich über die Aufführung von Beethovens Septett op. 20 sagen, wobei die technischen Probleme hier eher noch zunahmen. Da lief einiges nicht so rund, wie man es sich gewünscht hätte. Abgesehen davon überzeugte aber auch bei diesem Werk die große Musikalität der sieben Mitwirkenden, welche sich vor allem in der subtilen Ausgestaltung des berühmten Variationensatzes zeigte. Ohne die Leistungen der anderen Musiker zu schmälern, sei abschließend vor allem die exzellente Leitung des Hornisten Bernhard Krug erwähnt, der seinen nicht eben einfachen Part in nahezu mustergültiger Weise realisierte.
Am Ende der Aufführung stand fest: Spohr mag zwar kein zweiter Beethoven sein, stellt aber eine jederzeit willkommene Repertoire-Erweiterung dar, die sich niemand entgehen lassen sollte, der sich für die Kammermusik der Romantik interessiert.
Ludwig Spohr: Nonett F-Dur op. 31
Ludwig van Beethoven: Septett Es-Dur op. 20
GewandhausOktett
Cornelia Grohmann, Flöte
Thomas Hipper, Oboe
2. März 2003 Gewandhaus, Mendelssohn-Saal
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