Das fünfte MDR-Matinéekonzert mit Werken von Roussel, Mozart, Ravel und Schubert
Nachdem vorige Woche offiziell der Winter verabschiedet worden ist, bietet das MDR Sinfonieorchester am heutigen Sonntag das passende Konzertprogramm dazu: leichte, dezente Musik für verhältnismäßig kleines Orchester, das überdies durchweg ohne Pauken oder sonstiges Schlagwerk besetzt ist. Dementsprechend bestimmen an diesem wunderschönen Frühlingstag denn auch die leisen Töne das musikalische Geschehen.
Schon Albert Roussels Sinfonietta für Streichorchester kommt ohne große Gesten aus. Es bereitet großes Vergnügen, dieser dreisätzigen Miniatur zu lauschen, die so frisch und schwungvoll daherkommt, dass schnell klar wird: Der Winterschlaf ist vorbei. „Ich will nichts weiter als Musik machen“, hat Roussel einmal gesagt – genau das nimmt sich auch Dirigent Jean-Claude Casadesus zu Herzen und leitet die Aufführung uneitel und umsichtig, ohne sich selbst dabei in den Vordergrund zu spielen. Nach knapp zehn Minuten ist die Sinfonietta bereits verklungen und mit ihr leider zunächst auch der belebende Wind, den sie gleich zu Beginn in das Konzert gebracht hat.
Denn die nun folgende Darbietung von Mozarts Sinfonia concertante KV 364 hält nicht, was Roussel versprochen hat. Andreas Hartmann und Thomas Wünsch gestalten ihre Soloparts zwar ansprechend aus und spielen sich gekonnt so manchen Ball zu, es fehlt aber doch ein wenig an Energie (und manchmal leider auch Präzision), um das interessante Werk wirklich zum Leben zu erwecken. Das liegt aber auch am begleitenden Orchester, das in sich schon nicht homogen spielt, im Verhältnis zu den Solisten aber recht häufig mehr oder weniger knapp daneben liegt. So zerfällt die Musik immer wieder in Fragmente. Zum Teil geht die mangelnde Genauigkeit im Rhythmischen ziemlich auf die Nerven, in manchen Passagen hält es sich damit aber zum Glück in Grenzen. Vor allem der herrliche Mittelsatz wird zum Lichtblick in einer leider nur soliden Aufführung.
Hornisten haben es wirklich nicht leicht. In Ravels beliebter Pavane haben sie es sogar besonders schwer, da ihnen hier auferlegt ist, das melancholische Hauptthema in äußerst zurückhaltender, zarter Weise wiederzugeben. Wenn dieses gelingt, klingt das Ergebnis traumhaft, andernfalls eher unfreiwillig komisch. Heute will es leider nicht gelingen. Schade! Abgesehen davon kann die Pavane ihren klanglichen Reiz durchaus entfalten. Und wer dazu aufgelegt ist, kann sich von den zauberhaften Klängen der Harfe über alles Irdische hinwegtragen lassen.
Den Abschluss des Konzerts bildet Schuberts fünfte Sinfonie, ein Werk, das wie kaum ein anderes den Einfluss Mozarts spüren lässt. Bereits der muntere erste Satz bedient sich in vieler Hinsicht Mozartischer Wendungen, ohne aber jemals epigonal zu wirken. Und hier findet das Orchester zu seiner anfänglichen Form zurück. Ein ausgewogener Streicherklang und betörende Soli der Holzbläser lassen besonders den kantablen zweiten Satz zum Genuss werden. Das Menuett (übrigens eindeutig demjenigen aus Mozarts Sinfonie Nr. 40 nachempfunden) bekommt unter Casadesus‘ packendem Zugriff klare Konturen, das Trio gerät wunderbar subtil und charmant. Der Schlusssatz wird schließlich zum wirbelnden Kehraus, welcher ein zufriedenes Publikum in den mittäglichen Sonnenschein entlässt. „Frühling, ja du bist’s! Dich hab‘ ich vernommen!“
5. MDR-Matinéekonzert
Albert Roussel: Sinfonietta für Streichorchester op. 52
W. A. Mozart: Sinfonia concertante Es-Dur KV 364 (320d)
Maurice Ravel: Pavane pour une infante défunte
Franz Schubert: Sinfonie Nr. 5 B-Dur D 485
MDR Sinfonieorchester
Andreas Hartmann, Violine
Thomas Wünsch, Viola
Dirigent: Jean-Claude Casadesus
30.03.2003, Gewandhaus, Großer Saal
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