„Licht und Lemon”, Multimediales Ereignis, das seinen Ursprung nahm aus einer Fahrt ins Blaue (Babette Dieterich)

24. April 2003, Frauenkultur Leipzig
?Licht und Lemon?, Multimediales Ereignis, das seinen Ursprung nahm aus einer Fahrt ins Blaue

Annett Seese, Reisebericht, Dias
Ingeborg Freytag, musikalische Inspirationen
Gesa Pankonin, Rezitation


?Noch immer genieße ich das Außer-meiner-Gewöhnung-sein?

Ein Mercedesbus. ?Smaragdgrün, mit weißem Dach. Das wär’s, denkt sie. Im Rückfenster hängt ein Zettel mit Telefonnummer und Verkaufspreis. Sie schreibt die Nummer auf. Das wär’s, denkt sie wieder. Es ist eine Idee.?

Und plötzlich rollt die Küche durch die Lande. Annett Seese macht ihren Traum wahr und nimmt uns mit auf eine Reise ins Blaue. Dabei sind wunderschöne Bilder entstanden, Fotos und gemalte Impressionen, die sie als Dias an die Wand wirft. Ein immer wiederkehrendes Motiv: Sie selbst am Steuer ihres Traumautos, bedeckt von der Spiegelung eines blühenden Baumes in der Fensterscheibe. Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn? Vielleicht war dieses Goethezitat Ausgangspunkt für den Titel dieses Abends voller Sehnsucht und Fernweh: Licht und Lemon.

Gesa Pankonin trägt die Reiseimpressionen von Annett Seese vor, die weit davon entfernt sind, eine Auflistung von Sehenswürdigkeiten zu sein. Hier werden keine Highlights in ?japanischer Manier? geknipst und abgehakt, hier lässt sich eine Frau auf das Unbekannte ein, lässt sich verzaubern, beschreibt voller Staunen, voller Humor, ohne zu werten. ?Die Freude hielt mich in Atem, der Atem war überall.? Die Sprache ist literarisch, die Worte bewusst gewählt, doch immer konkret und plastisch. Beseelt und klar zugleich trägt Gesa Pankonin den Reisebericht vor, als wäre sie dabei gewesen.

Einige Stationen dieser Reise: Annett Seese erlebt die Prozession der schwarzen Madonna, Sarah-la-Kali, in Südfrankreich. Um diese Madonna, Schutzpatronin der Zigeuner, ranken sich viele Legenden. Eine Sage behauptet, ihre schwarze Farbe rühre daher, dass sie Schutz gebot gegen afrikanische Kriegerinnen, die die französische Küste gestürmt haben sollen. In Katalanien findet die Reisende eine seltsame, aus Weidenzweigen geflochtene Behausung, Türme, begehbare Röhren, die sich als Labyrinth und Schutz eines Bauern herausstellen, der seine Obstbäume vor Zugriffen abschirmen wollte. Wer sich in das Weidenlabyrinth begibt, stößt immer wieder in Sackgassen mit Warnschildern.

Ingeborg Freytag setzt musikalische Akzente zwischen die Reiseimpressionen. In vielen Instrumenten beheimatet, trommelt, geigt, singt sie, und man spürt auch bei ihr die intensive Auseinandersetzung mit dieser Reise. Ihre Musik enthält Elemente des Klezmer, Folklore, afrikanische Rhythmen mischen sich mit ihrer wandlungsfähigen Stimme. Eine wunderbare Ergänzung. Das Bild eines Megalithgrabes untermalt sie mit rituellem Trommeln, ihre Improvisationen auf der Geige sind ebenfalls eine Reise ins Blaue. Wer mehr von dieser Multiinstrumentalistin hören möchte, ist herzlich willkommen zu ihrem Konzert ?Blaue Lava? am 16. Mai, 20.30 Uhr, ebenfalls in der Frauenkultur Leipzig. Auch die gleichnamige CD ist sehr zu empfehlen.

In einem Café in Marseille – oder war es in Spanien? – kommt Annett Seese ins Nachdenken. Ihr ?Fremdsein geht unter im Stimmengewirr?, sie wünscht sich für ihre Heimatstadt Leipzig mehr solche ?öffentlichen Wohnzimmer?, in denen gelebt wird, Stimmen und Sprachen sich mischen, in denen fremde Kinder einen ansprechen, dass man ihnen etwas auf die Serviette malt. Doch vielleicht ist dieser Wunsch schon ein wenig Realität geworden mit diesem Abend? Das nächste ?öffentliche Wohnzimmer?, in dem die drei Frauen einladen zu einer Reise ins Blaue, findet am 10. Mai im Café Pathos, Eichendorffstr. 7, um 20 Uhr statt. Herzlich willkommen!

(Babette Dieterich)

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