Planet B: Detective Lovelorn und die Rache des Pharao (Friederike Haupt)

Planet B: Detective Lovelorn und die Rache des Pharao, 24.04.2003 Schaubühne Lindenfels
Hilfe, Nils Lovelorn!
Thutmosis` fürchterliche Rache Oder Ein Macho rettet die Welt

Eine der einfachsten Methoden, sich ohne großen Aufwand vom Mainstream zu distanzieren (vorausgesetzt natürlich, man will dies), ist folgende: Man sehe sich Donnerstags um 22:30 Uhr einen weitestgehend unpopulären Trash-Film an, dessen Bekanntheitsgrad auch vom Regisseur realistisch eingeschätzt wird („Danke, dass du drin warst. Für mich ist jeder Zuschauer, der das geschafft hat, schon ein Wunder.“) und erfreue sich an der Tatsache, einer von genau fünfzehn Eingeweihten zu sein, die Hollywood hier an diesem Abend den Rücken kehren. Denn: Je überschaubarer das Publikum, desto größer auch die Chancen auf knister- und tuschelfreien Kinogenuss.

Die Entscheidung für Detective Lovelorn (einen sogenannten B-Film) sollen die Cineasten dann auch nicht bereuen. Auf 2544 Metern Film erleben sie 93 Minuten lang eine Mischung aus James Bond, Indianer Jones und allerlei seltsamen Material, das bei genauem Hinsehen einen ganz eigenen und recht schwarzen Humor zum Ausdruck bringt, der manchmal etwas altbacken, oft aber sehr subtil daherkommt. Dabei ist man sich nie ganz sicher, welchem Genre der Streifen zugeordnet werden kann. Von Horror über Abenteuer und Fantasy bis Komödie und Parodie wird nichts ausgelassen, und dementsprechend ist auch die Story angelegt.

Um es gleich vorwegzunehmen: Der Film hat eine Story; nur ist diese das Unbedeutendste an ihm. Wichtig zu wissen ist lediglich, dass Detektiv Nils Lovelorn (Misel Maticevic) die Menschen vor dem Pharao Thutmosis schützen muss, der aus seinem Jahrtausende währenden Schlaf erwacht ist und nun mit Hilfe seiner bösartigen kleinen Schwester und einem Folterknecht die Welt vernichten will. Zudem interessant: Lovelorn ist quasi schizophren, das heißt er verwandelt sich immer dann, wenn er – in seinem Beruf nicht unüblich – einen Ganoven umlegen will, in sein „alter ego“ namens Bébé (Eva Hassmann, manchen vielleicht bekannt aus „Otto- Der Kathastrophenfilm“), Typ naives Blondchen. Deren Vorliebe für Bösewichter durchkreuzt regelmäßig die Vollstreckungsgelüste des Detektivs, dessen machomäßiges Gemüt sehr darunter leidet – aber kein Wunder: Jedes Mal, wenn er dem ertappten Halunken mit den Worten „Steck sie ein, damit der Teufel weiß, wer dich geschickt hat“ seine Visitenkarte zuwirft, scheitert die entgültige Demonstration seiner Lässigkeit an der Einmischung einer (zu allem Übel auch noch attraktiven) Frau.

Was folgt, ist eine Aneinanderreihung von lustigen, spannenden, abstrusen und immer wieder lustigen Sequenzen mit teilweise hanebüchenen Dialogen und irrwitzigen Ereignissen. Herrlich, wenn Pharao Thutmosis (Reiner Schöne) von der „Verblödung der Materie“ schwärmt und daraufhin Stühle wandern und Toupets ein Innenleben entwickeln oder Lovelorn auf seiner Zeitreise ins alte Ägypten mit Revolver und Dandy-Anzug dem Pharao einen Besuch abstattet, um sich dort nach kurzer Zeit in Bébé zu verwandeln und im Fell-BH die Marseilleise anzustimmen.

Highlight des Films ist aber ein Trio, das nur am Rande eine Rolle spielt: Drei alte Wissenschaftler, einer davon Onkel des Detektivs, werden von Thutmosis (welcher sich als UNO-Generalsekretär tarnt) in der UNO-eigenen Klapsmühle gefangengehalten. Doch Svedenborg (Horst Buchholz, weltbekannt durch „Die glorreichen Sieben“) und seine findigen Kollegen lassen sich nichts bieten: Erst bauen sie aus einem Rasierapparat ein Handy (als Antenne fungiert eine Gabel!), um Kontakt zum Detektiv aufzunehmen, um anschließend einen „Heartbreaker“ zu konstruieren, der Nils mittels eines grünen Kugelblitzes ein für allemal von Bébé befreien soll; zwischendurch führen die drei – sie erinnern ein wenig an Dürrenmatts Physiker – sehr spaßige Gespräche über ihre bisherigen Nobelpreise und die Bosheit von Chilipfeffer.

Nur hin und wieder nerven Szenen, die allzu deutlich Lacher fordern: So ist eine Mumie, die als Rammbaum genutzt wird, zwar ganz amüsant, muss dann aber nicht minutenlang Gegenstand der Handlung sein. Auch einige Schwächen des Drehbuchs sind unübersehbar: Die Story hätte, um die gewünschte Wirkung zu erzielen, nicht so unübersichtlich zu sein brauchen; die Einfälle von Thomas Frick („Regie und Buschpiano im Tempelpuff“, wie man auf der offiziellen Lovelorn-HP www.lovelorn.de erfährt) in allen Ehren, aber gegen Ende werden die Verfolgungsjagden, Auseinandersetzungen und Triumphreden doch etwas berechenbar.

Nichtsdestotrotz hat Detective Lovelorn – Premiere war im Februar 2002 – seine guten Kritiken (unter anderem im Spiegel) durchaus verdient; dadurch, dass er keinen Anspruch auf Sinn erhebt und sich wohl auch selbst nicht ganz ernst nimmt, ist er den Besuch allemal wert und übrigens auch manchen Leinwand-Quälereien, die ihren Weg in die großen Kinos gefunden haben, vorzuziehen.
Ein 1A B-Film!
(Friederike Haupt)

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