Sechs Jahre Leipziger Literaturtelefon (Henner Kotte)

Autor im Ohr
Sechs Jahre Leipziger Literaturtelefon

Ach ja, manchmal hätt man’s schon gern: Da liest einer einem vor und man hört nur zu und kann die Phantasie schweifen lassen. Aber meistens hat Freund/in no Lust, Frust oder muß früh raus aus’m Bett. Und so bleibt einem nix, als sich selbst vorzulesen. Wo’s doch so schön wäre, wenn’s andere täten.

Nö, man muß es nicht mit der Literatur alleine tun. Denn im Haus des Buches zu Leipzig existiert ein Telefon mit Nummer, das für einen liest. Ehrlich. Man wähle (0341) 99 54 171 und entscheide. Zwei Autoren tragen einem persönlich gut fünf Minuten aus ihren Werken vor. Das hat was. ’ne ganze Anzahl Autoren lasen bereits via Telefon. Und ’ne Menge Anrufer nutzten den Service. Ins Jahr sechs der Existenz geht das Leipziger Literaturtelefon heuer. 1997 entstand es auf Initiative des Deutschen Schriftstellerverbandes, mit Unterstützung des Kuratoriums Haus des Buches. War es in frühen Monaten für die Leipziger Literatur und Szene gedacht, so hat sich das Experiment doch gemausert, und es zu überregionalem Wählerverhalten gebracht. Und so kann der Leser nunmehr nicht nur die Stars vom Ort, sondern Autorenstimmen ganz Deutschlands vernehmen.

Kopf und Aufnahmeleiter des Telefonanschlusses ist Steffen Birnbaum, einschlägig bekannt als Mann spitzer Feder und Spiritus Rektor verschiedenster literarischer Kreise und Werke. Erst kürzlich machte er samt Leipziger Literaturkreis mit der Anthologie ?Wozu das Verlangen nach Schönheit? (drei-Eck) aufmerksam. Die Tonaufnahmen geschehen unkompliziert im Hotelzimmer oder im Büro oder zu Hause. Inzwischen liegen Originalstimmabdrücke von über 80 Autoren im Archiv. ?Das Schönste daran sind die Versprecher, die wir Dank der Technik bei der Einspielung ins Telefon rausschneiden können.? Vielleicht sollte Steffen mal als Jubiläumsgag einen Zusammenschnitt des Kauderwelschs laufen lassen? Männer und Frauen des Wortes sprachlos … Schnipselsalat kommt doch stets sehr gut an.

Wir jedenfalls lauschen offenen Ohres den nächsten Stimmen und wählen stets wieder: (0341) 99 54 171. Wer Genauers erfahren möchte über Pläne, Initiativen und Literatur überhaupt, der schaue auch nach unter www.vs-in-leipzig.de. Und wer sich und seine Literatur reif für diesen quasi Live-Auftritt hält, kann auch dem Verband Deutscher Schriftsteller / Sachsen seine Wortkunst in Ton zuschicken. Vielleicht hört Ihr Euch demnächst selber?

(Henner Kotte)

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