20.09.03 Schauspielhaus
Regie: Wolfgang Engel
Musikalische Leitung: Jens-Uwe Günther
Choreografie: Mei Hong Lin
Darsteller: Torben Kessler, Susanne Stein, Marco Albrecht, Jana Bauke, Simone Cohn-Vossen, Carolin Conrad, Melika Foroutan, Ellen Hellwig, Matthias Hummitzsch, Patrick Imhof, Stefan Kamisnky, Andreas Keller, Aurel Manthei, Martin Reik…
Weiße Rosen aus Athen
Es ist kein leichtes Jahr für den deutschen Pauschalreisenden. Da wird man vom italienischen Staatssekretär Stefani als ?dickbäuchig? tituliert und kann bei einer einwöchigen Reise in eine Hotelburg des Südens wohl kaum das Gegenteil beweisen. Wolfgang Engel nimmt sich dieser typischen Klischeevorstellungen des deutschen Urlaubers an. Das Ensemble wird so zu einem Heer der sonnenhungrigen, alkohol-liebenden Pauschalreisenden, die in ihrem griechischen Hotel ?Aphrodite? den Urlaub genießen. Auch die obligatorischen Animateure sind hier zu finden und zeigen dem Publikum wie auch dem Urlauber, was Spaß bedeutet.
In dieser Urlaubswelt voller Vorurteile und Klischees lässt Engel den Schlager zelebrieren. Mit ?Sirtaki?, ?Weiße Rosen aus Athen? oder ?Ti amo? werden da andere Kulturen kurz und bündig näher gebracht. So singt sich das Ensemble den ganzen Abend durch ein Potpourri dieser stimmungsvollen Lieder. In Plastesandalen, bunten Hawaihemden und Bermudashorts wird mit ?Spanish Eyes? der biedere Ehemann für einen kurzen Augenblick zum Verführer. Das führt zu Freude und Mitsingen beim Zuschauen.
Doch nicht immer ist die Choreografie und Auswahl der Lieder gelungen. Manchmal wirken Spiel und Tanzeinlagen des Ensembles zu aufgesetzt fröhlich und verirren sich im schlechten Klamauk. Und wieso müssen die Urlauber den angestaubten und mittlerweile uralten ?Lambada? tanzen, während Reisegruppen doch jedes Jahr ein neues Lied mit passenden Tanzschritten zu ihrem Sommerhit küren? Hinzu kommt dass einige der Stimmen ihren Liedern einfach nicht gewachsen sind. Stefan Kaminsky haucht eher als das er den Text von ?Africa? singt. Patrick Imhof vergreift sich am Udo Jürgens Klassiker ?Griechischer Wein? und überzeugt eher mit Mimik als mit Gesang. Auch die Parodie auf Abba verliert sich im schrägen Ton, wird aber durch die minimalistische Choreographie getragen.
Die Stimme des Abends hingegen gehört Torben Kessler. Als Nana Mouskouri zeigt er, dass man dem Lied ?Weiße Rosen aus Athen? noch einige neue Nuancen abgewinnen kann. Auch Michael Schütz interpretiert ?Ti amo? mit solch einer Hingabe, dass es ein Genuss ist, ihm bei seinem Liebesschmerz zuzuhören. Neben diesen Stimmen sei noch Susanne Stein hervorzuheben. Sie spielt ihre Rolle als Animateurin mit akribischer Freude und derber Komik, die nervt und deshalb auch so treffend ist.
Wolfgang Engel schafft mit seiner Inszenierung keine feinsinnige Parodie auf das Bild vom typisch deutschen Urlauber in der Ferne. Dazu sind seine Bilder zu derb, mit zu viel Klamauk behaftet und manchmal eben einfach zu alt. Trotzdem sollte man sich dieses Stück ansehen, wenn man Schlager mag. Das Ensemble verblüfft bis auf wenige Ausnahmen durch seine Musikalität und Vielseitigkeit. Ein großer Abend des Schlagers, nicht mehr und nicht weniger!
(Diana Kluge)
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