Trio RADEBASS mit drei Gruselgeschichten (Friederike Haupt)

25.10.2003, UT Connewitz
Das schwatzende Herz
Record Release (Lesung & Musik)

RADEBASS
Sprecher: Henrik Wöhler
Piano: Claudius Bruns
Kontrabass: Martin Siebach
www.radebass.de

Jubel, Gruseln, Heiterkeit
Von dreien, die auszogen, das Fürchten zu lehren

Ein Szenario wie von Edgar Allan Poe ersonnen: Ein kühler, verregneter Oktoberabend. Durch die vom milchigen Licht der Laternen nur schwach erleuchteten Straßen huschen dunkle Gestalten, werden vom Schwarz eines engen Hauseingangs verschluckt. Wohin mag er wohl führen, was verbirgt sich hinter dieser unheimlichen Pforte? Das Grauen

Zugegeben, das Eintreffen des Publikums am UT Connewitz ließe sich auch weitaus weniger dramatisch schildern; gilt es jedoch, von einem Gruselerlebnis der besonderen Art zu berichten, kann eine Anspielung auf den Grundton des Abends nur von Vorteil sein.

Drei unheimliche Kurzgeschichten stehen auf dem Programm, anlässlich der Veröffentlichung ihrer CD vorgetragen vom Leipziger Trio RADEBASS. Die Stimme von Henrik Wöhler, dazu selbstkomponierte Begleitmusik und die hauseigene UT-Connewitz-Stimmung ? die Wirkung der drei Erzählungen ist nahezu vorprogrammiert. Noch aber herrscht Heiterkeit unter den äußerst zahlreich erschienenen Besuchern im UT, man tröstet sich mit Glühwein über die mal wieder recht niedrige Raumtemperatur hinweg und stört sich auch kaum daran, dass die drei Künstler vierzig Minuten auf sich warten lassen, bevor sie die Bühne betreten.

Die erste Geschichte des Abends, ?Die Marter der Hoffnung? von Villiers de l’Isle Adam, beginnt mit einigen leicht verstimmten Kontrabass-Klavier-Akkorden, dann beginnt Wöhler zu lesen. Um einen Rabbiner geht es, der in einer Folterkammer eingesperrt ist, sich aber befreien kann und hoffnungsfroh flieht, bevor ihm am Ende eine grausige Erkenntnis kommt.

Im Prinzip gute Voraussetzungen zum Gruseln, wären da nicht die etwas zu pathetischen Kunstpausen des Sprechers und vor allem die teilweise unfreiwillige Komik der Erzählung: Wenn der Protagonist atemlos in einer Ecke kauert, weil ?der Schrecken, den er gerade erlebt hatte, seine Lebensfunktionen nahezu außer Kraft setzte?, klingt das mehr nach den Vorlesungsnotizen eines Medizinstudenten als nach einer Horrorgeschichte; auch die oft verschachtelten Sätze lenken vom nicht unspannenden Inhalt ab. Erfreulicher Weise bessert sich jedoch mit der Zeit die Stimmung der Instrumente, und düstere d-Moll-Akkorde wechseln sich mit swingenden Passagen ? Interpretation der trügerischen Hoffnung des Rabbiners ? ab.

Es folgt Guy de Maupassants ?Wahnsinnig??, eine beklemmende Studie über die Macht der Eifersucht und den manchmal schmalen Grat zwischen Liebe und Besessenheit. Bedrohlich brummt der Bass, dazwischen macht sich das Klavier mit finsterem Grollen bemerkbar, und die Stimme Wöhlers hat nun ihren Rhythmus gefunden, wechselt eindrucksvoll die Klangfarben bei der Darstellung des Ich-Erzählers, der erst liebender Beschützer ist, dann aber zum wahnsinnigen Mörder wird.

Auch die dritte Geschichte des Abends bedient sich eher subtiler Schockmethoden als des simplen Einsatzes von Monstern & Co. Das Highlight des Abends, ?Das schwatzende Herz? von Edgar Allan Poe, fesselt vor allem durch die explizite Schilderung der Vorbereitung eines Mordes, der dann auch verübt wird; wie das Opfer den Täter aus dem Grab noch zu einem Geständnis zwingen kann, soll hier nicht verraten werden ? es lohnt sich, diesem Geheimnis selbst auf den Grund zu gehen. Wieder untermalen Bruns und Siebach die Erzählung gekonnt mit ihren düsteren Melodien, die wesentlich zum Gruselgenuss des Abends beitragen ? der Jubel des Publikums spricht für sich.

Insgesamt ein unheimlich(er) guter Auftritt von RADEBASS, der Freunden der gepflegten Gruselgeschichte Lust auf mehr machen dürfte und ? Weihnachten naht mit großen Schritten ? die neue CD im Hinterkopf behalten lässt.

(Friederike Haupt)

CD: ?Das schwatzende Herz? ? Drei klassische Horrorgeschichten mit Musik, zu bestellen bei HörZeichen (www.hoerzeichen.de), 14 ?

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