Nicht zuhören, nicht hinschauen, einfach hopsen!

Die elfköpfige New-Orleans-Brass-Band Mardi Gras.BB ist in der naTo

Mit einer Wagenladung messingglänzenden Blaswerks und einem enzyklopädischen Wissen um die wirklich dämlichsten Posen aus fünfzig Jahren Rock’n’Roll-Geschichte stürmte die Mardi Gras.BB (Brass Band) die Bühne der naTo. Das heißt, zunächst wurde erst einmal gar nichts gestürmt, da ein introvertierter DJ mit Entscheidungsschwäche leichte französische Hintergrundmusik der 60er auflegte. Das wäre toll gewesen zum Trinken und Reden – wenn er nicht jede Minute das Lied gewechselt hätte. Nach einer guten Dreiviertelstunde Verzögerung wird dann tatsächlich gestürmt und losgelegt. Das Mannheimer Blas-Gemetzel zwischen Voodoo, Marschmusik und „Tower of Power“, sauber auf den Punkt gespielt, macht Spaß und ermuntert zu Tanz und Transpiration. „Party!“, schreit die Musik, und tatsächlich ist in der naTo zunächst einmal die Hölle los. Am besten die Birne zulöten und mitfeiern. Keine schlechte Idee. Sonst wird es nämlich ungemütlich: Irgendwann beschließt der Frontmann, dass die Stimmung noch besser wird, wenn sich jetzt alle einmal auf den Boden setzen. Meine Nachbarn weigern sich, wohl angesichts des fragwürdigen Spaßfaktors und des zugesifften naTo-Bodens und werden sogleich massiv von hinten bedroht, „gleich wird’s hier für euch ungemütlich“.

Nur – der grimassierende Muppet am Saxophon (warum schauen Saxophonisten und Gitarristen eigentlich ständig drein, als würden sie mit einem stumpfen Messer kastriert?), die Cowboyhüte, die Kojak-Lollis – alles angestaubte Posen, denen man ihre ironische Bestimmung einfach nicht abnehmen will. Die Ansagen des optisch zwischen Eidechse und Vaselinefass zu ortenden Sängers Jochen Wenz hingegen sind wenigstens leidlich komisch. Warum allerdings ausgerechnet das aufgeschwemmte Drogenwrack Elvis Presley ein besserer Mr. President sein soll als der böse Mann aus Texas, das weiß wohl nur der Wind. Man stelle sich vor, eine Horde Letten mit Blasinstrumenten sänge vor einem lettischen Publikum, dass, sagen wir: Harald Juhnke aus der Dämmerung hervortreten möge, um des Schröders Geschäfte zu übernehmen. Aber was soll’s – nicht hinhören, vor allem nicht hinschauen, und zum Tanzen und Hopsen taugt es ganz fantastisch, auch wenn im naTo-Schweiß-Brei die Atmung versagt und das kühlende Pils weit weit weg ist.

Mardi Gras.BB

7. November, naTo


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