Der CD-Tipp: Interpret Oumou Sangare mit DoppelCD „Oumou“ World Circiut
Die Ohren der europäischen und amerikanischen Fans afrikanischer Musik sind anspruchsvoll. Da ist es nicht leicht, sich von den festgelegten Erwartungen zu befreien. Das geht hoffnungsvollen Nachwuchskünstlern ebenso, wie etablierten Superstars wie Salif Keita, Youssour N’Dour oder eben Oumou Sangare. Das hatte zur Folge, das die neue CD der Grande Dame der Wassoulou-Musik aus Mali zweimal eingespielt werden musste. Einmal für den afrikanischen Markt und dann noch einmal, etwas weichgespült, für den Rest der Welt. Im März 2001 veröffentlichte Sangare ihr Album „Laban“. Binnen zwei Tagen waren 50.000 Stück verkauft. Ein sensationeller Erfolg. Doch die Londoner Plattenfirma blieb skeptisch. Und so dauerte es über zwei Jahre bis sieben Stücke von „Laban“ hierzulande zu hören sind. Am Ende stand ein Kompromiss und die CD „Oumou“, die einen Bogen zwischen altem und neuem in Sangares Schaffen spannt.
Seit ihrer letzten Platte hat Sangare in Bamako ein Hotel („Hotel Wasulu“) eröffnet und sich mehr auf der heimischen Hörerschaft gewidmet. Mit „Laban“ machte sie sich zu neuen Ufern auf. Es galt, sich auch im eigenen Land eine neue Hörerschaft zu erschließen. Denn mit ihren vorherigen Platten „Worotan“ und „Ko Sira“ war sie in den Clubs Westafrikas eine Außenseiterin geblieben. Dem fortschreitenden Einheitsgeschmack – la MTV und ViVa konnte sie wenig entgegensetzen. Dann der Befreiungsschlag. Mit „Laban“ wollte Sangare den Jugendlichen etwas in die Hände legen, nach dem sie tanzen können. In ihrer eigenen Sprache.
Sangare schöpft aus einem reichen musikalischen Erbe ihrer Heimatregion im Süden Malis. Mit ihren Liedern ist sie eine der wichtigsten Verfechterinnen der Rechte der Frauen. Mit ihrer Bekanntheit kann sie die weitverbreitete Polygamie und die daraus resultierenden Schwierigkeiten für die Frauen ansprechen. In einer von Männern bestimmten Gesellschaft war das mit ihrem Debüt „Moussoulou“ genau so eine Provokation, wie es heute immer noch nicht selbstverständlich ist. Dabei kennt Sangare sehr genau, wovon sie singt. Der Vater verließ ihre Mutter, ebenfalls eine Sänergin, als Oumou Sangare zwei Jahre alt war. Mit fünf Jahren begann sie, ihre Mutter zu Hochzeiten zu begleiten auf denen sie sang. Die Armut ihrer Kindheit bilden Hintergrund ihrer Lieder. 2001 wurde sie für ihre Anstrengungen mit dem Musikpreis der Unesco ausgezeichnet.
„Magnoumako“ („Pein“) bezeichnet die charismatische Sängerin selbst als den wichtigsten Titel der CD. Er beschreibt die Traurigkeit und Verzweiflung in der sich ihre Mutter befand, als der Vater die Familie verlassen hatte, wie die alleinstehende Frau in der Gesellschaft an den Rand gedrängt wurde, über ihre Anstrengungen, die Kinder aufzuziehen. Sangare singt mit befreiender Offenheit über die Ungerechtigkeit, die einer patriarchalischen Gesellschaft wie der malischen innewohnt. Die Frauen bilden das Rückgrat der Familie, nach außen ist nur der Mann sichtbar. „Yala“ hat sie der Jugend in Mali auf die Fahnen geschrieben. Nachtklubs, Drogen, Alkohol sind auch für afrikanische Jugendliche eine lockende Versuchung. Sangare warnt vor den Gefahren und zu großer Sorglosigkeit. Die tiefe Bedeutung der Lieder vermittelt sich dem europäischen Hörer natürlich nicht. So nimmt erst einmal allein Sangares helle und eindringliche Stimme gefangen. Für alle, die sich für mehr interessieren, gibt es das ausführliche Booklet.
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