Interstella 5555: The 5tory of the 5ecret 5tar 5ystem (Lina Dinkla)

Interstella 5555: The 5tory of the 5ecret 5tar 5ystem
Japan 2003
Produzenten: Thomas Bangalter, Guy-Manuel de Homen Christo (Daft Punk)
Regie: Kazuhisa Takenochi
68 min

Das Kino in der Nato ist ausverkauft, was angesichts des kleinen Vorführraumes zwar keine Kunst ist, die Schlange wartender, ungeduldiger Menschen vor der Kasse lässt einen jedoch kurz innehalten und gibt kurz Zeit über die irrige Annahme nachzudenken, wie man eigentlich auf die Idee kam, sich für einen absoluten Insider zu halten, der vorhat, hier einen Geheimtip aus der Kategorie „Abseitiges Kino“ anzuschauen. Und dann wird es richtig voll, wie man es solange nicht mehr in einem Programmkino erlebt hat: bis auf die Bühne vor der Leinwand ist der Raum gefüllt und die Zuschauer sitzen und liegen dicht gedrängt.

Interstella 5555 ist eine Produktion des französischen House-Duos Thomas Bangalter und Guy-Manuel de Homen Christo besser bekannt als Daft Punk. Seit einiger Zeit bereichern sie die Housemusikszene mit einer Mischung aus siebziger Jahre Diskobeat, minimalistischem Pop und gängigem House, und belehren all jene eines besseren die House schon vor Jahren für tot erklärten. Die Videos zu den Singleauskopplungen der erfolgreichen Alben funktionieren nach einem ähnlichen Prinzip. Auf der Retrowelle schwimmen und trotzdem etwas Neues schaffen: in der Form japanischer Animes wurde nach und nach die etwas abstruse Geschichte einer Rockband erzählt, deren Mitglieder offensichtlich von einem anderen Planeten stammen. Und so ist der Film nichts weiter als eine konsequente Fortsetzung dieser Idee: ein 68minütiges Musikvideo – Science Fiction – Anime von Daft Punk. Wenn es weiter nichts ist…

Die Story des Ganzen ist schnell erzählt. Ein fieser Medienmogul von der Erde entführt eine erfolgreiche Rockband von einem fremden Planeten, unterzieht sie einer Gehirnwäsche, verpasst ihnen neue Identitäten und baut sie zu einer weiteren Geldmaschine seines Imperiums auf. Die Crescendolls sind geboren. Nur dass sie bei der ganzen Aktion nicht sonderlich glücklich wirken, passt dem Bösewicht nicht ins Konzept. Als sich dann auch noch der Liebhaber der Frontfrau Stella aufmacht, um die Gruppe zu retten, scheint der gemeine Plan völlig daneben zu gehen und auch das dunkle Geheimnis des Plattenproduzenten wird aufgedeckt, was sich als der schönste Seitenhieb auf die lange Geschichte erfolgreicher Musiker von Beethoven bis zu den Beatles lesen lässt.

Je absonderlicher und alberner sich das anhören mag, desto mehr Spaß bereitet es, sich diese Geschichte anzusehen und anzuhören. Und das liegt auch an der Form der Erzählung. Ohne Dialoge, ja eigentlich völlig ohne Text kommt der Film aus, denn auch die Songtexte von „One more time“, „Aerodynamic“, „Digital Love“ und „Harder, better, faster, stronger“ geben keine Anhaltspunkte für den Ablauf der Handlung. Also sieht sich der Zuschauer veranlasst, die Bedeutungsebene lediglich anhand der Bilder zu decodieren, was zu ein wenig Verwirrung führt, jedoch den Spaß nicht verdirbt.

Kreischend bunt ist das futuristische Ambiente und neben den ironischen Anspielungen auf die irdische Pop- und Massenkultur, von den Boygroups der 80er über das Procedere diverser Musikpreisverleihungen bis zum Superstar – Casting – Overkill der letzten Jahre wird alles parodiert, sorgen auch kleine, witzige Nebensächlichkeiten für große Lacher. In einer Szene während der Befreiungsaktion sieht man einen „Sicherheitsmann“ aufmerksam vorm Fernseher sitzen, wo ein Fußballspiel Frankreich gegen Japan läuft. Beim ersten Mal steht es 1:0 für Japan, nach erfolgreicher Aktion der Entführten kann man erneut einen Blick auf das Spiel erhaschen und das Spiel steht 1:1.

Alles in allem ist Interstella 5555 ein extrem witziger, kurzweiliger Ausflug in die Welt von französischem House und japanischer Animation. (Lina Dinkla)

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