Der Clown-Mensch-Satiriker

Der deutsche Liedermacher, Musiker und Lyriker Hans Eckhardt Wenzel ist in der Moritzbastei

Die Texte von Wenzel hauen einen vom Hocker: bissig, pointiert, verträumt, die Genres parodierend, mal deutscher Schlager, mal Melodramatik á la Konstantin Wecker. Doch die Texte sind es nicht allein. Wenzel auf der Bühne ist ein Gesamtkunstwerk. In selbstironischen Moderationen hangelt er sich „von da nach dort“, springt im Dreieck zwischen Klavier, Akkordeon und Gitarre und bringt eine Rap-Einlage ohne Instrument; dafür darf dann das Publikum den Rhythmus schnipsen. Wenzel überzeugt als Musiker, Songwriter und als Clown. Spuren der jahrelangen Zusammenarbeit mit Steffen Mensching in einem Clownsduo treten zutage und bereichern Wenzels Vortrag mit lebhafter Mimik, Situationskomik und spontanen Reaktionen auf fallende Gläser und andere Vorfälle im Publikum.

So spontan wie das Konzert wirkt und wie Wenzel es bescheiden ankündigt („Ich werde hier nur ein paar Lieder singen“) ist es dann aber doch nicht. Diverse witzige, teilweise auch bissige rote Fäden durchziehen das Programm. Da wäre der running gag: „Hat einer noch Fragen?“; gelangweilt, beinahe in Politikerdiktion vorgetragen, mit einem Tonfall, der ohnehin jede Frage bereits im Keim erstickt. Oder die neckischen Anspielungen auf das „Dorf Leipzig“ mit seiner Olympiabewerbung.

„Lachen kann man nicht messen“ meint Wenzel in bezug auf dieses Konzert, denn das ist ein Nachholtermin der Lachmesse. Aber einiges kann man an diesem Abend doch „messen“: die Veranstaltungstonne in der Moritzbastei ist rappelvoll, die Stimmung ausgelassen, die Mischung der Lieder ausgewogen. Wenzel singt alte Meisterwerke wie „Nach durchzechter Nacht“ und „Feinslieb, du lachst dazu“, dann aber auch Neueres wie die Übersetzungen von Woddy Guthries Gedichten und Schlagerparodien. Mit letzteren hat es folgende Bewandtnis: Wenzel wurde in einem Ostseekurort gefragt, ob er nach einem Konzert auch ein wenig zum Tanz aufspielen könne. „Und da habe ich mal kurz 20 Schlager an einem Vormittag geschrieben“. So kommt das Leipziger Publikum nicht umhin zu schunkeln. „Schunkeln ist die deutsche Antwort auf den Salsa“ meint Wenzel und intoniert „Die Sehnsucht brennt in Matrosenhosen“ und den Schlager vom „Frauenversteher“.

Um Zugaben ist Wenzel nicht verlegen. „Wenn ich schon einmal hier bin“, meint er und das Publikum ruft ihm die Lieblingslieder zu. „Jetzt werdet euch mal einig Kinder“ – wieso Kinder? Egal. Wer mit solcher Spielfreude mal eben ein dreistündiges Solokonzert aus dem Hut zaubert, von dem lass ich mich gerne „Kind“ nennen. Vielleicht ist das typisch für Wenzel: er ist ein verspielter Clown, der sich weigert, alles so furchtbar ernst zu nehmen, ein bissiger Satiriker eben.

Hans Eckhardt Wenzel – Solo

27.1.04, Moritzbastei

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