Der eingebildete Kranke (Komödie nach Moliére)
Regie: Uli Sebastian
Es spielen: Pascal Keimel, Maria Götze, Sabrina Weidner, Anke Klöpsch, Jens Kirchner und Stefan Simanek
Connewitzer Kammerspiele
Weitere Aufführungen: 7.2./9.2./10.2./11.2.
Humorvoller Abend in Wohnzimmeratmosphäre
Aus der Dunkelheit in einem Sessel erwacht ein merkwürdig gekleideter Mann: über seinem hellblauen Nachthemd trägt er einen violetten Damenmorgenmantel, zu dem die orangefarbenen Hausstrümpfe im krassen Kontrast stehen. Das Äußere wird zum Spiegel des Charakters. Voller Angst untersucht dieser gesund wirkende Mann systematisch und akribisch jede seiner Bewegungen. Mit Entsetzen nimmt er das geringste Gelenkknirschen, Muskelzucken oder Bauchdrücken wahr. Sein Gesicht windet sich schmerzverzerrt, seinem Mund entweichen Variationen von Stöhn- und selbstbedauernden Schluchzlauten. Überzeugend verwandelt sich der junge Schauspieler Pascal Keimel in den durch seine Hypochondrie entstellten Monsieur Argan.
Moliéres Komödie kreist um die Hypochondrie Argans, die einzig die Haushälterin Toinette als Einbildung durchschaut. Als Hypochonder macht sich der Monsieur seine Umgebung gefügig, darunter unter anderem seine zweite Ehefrau, Beline. Dabei bemerkt der betuchte, leichtgläubige Argan nicht, dass sein Verhalten Belines unbändige Geldgier so sehr nährt, dass sie sogar aktiv auf seinen Tod hinarbeitet. Auch seine liebreizende, verträumte Tochter Angelique bleibt von dem überzeugten Kranksein ihres geliebten Vaters nicht verschont. Argan wünscht sich für immer ärztlichen Beistand und eine nicht versiegende ?Quelle für die nötigen Arzneien? im eigenen Hause. Deshalb will er Angelique gegen ihren Willen mit einem steifen, unattraktiven und mittellosen Arzt verheiraten, der wahrscheinlich nur an ihrer reichen Mitgift interessiert ist. Wie in jeder Komödie jedoch bleiben die Ziele der zentralen Figur unerreicht.
Toinette, gespielt von Anke Klöpsch, übernimmt die Rolle des Hofnarren. Sie widersetzt sich Argan mit Intrige und weiblicher List. Dadurch entlarvt sie sein Kranksein genau so wie Belines Liebesbezeugungen als Täuschungen, die durch den reinsten Egoismus hervorgerufen sind. Sie ist es, welche die Übertreibungen des verweichlichten Menschen in ihre Schranken weist und eine Ordnung wiederherstellt, die sich nach den reellen Bedürfnissen des Menschen und nach allgemeingültigen Werten richtet. Obwohl etwas steif in ihrem Spiel und etwas verbissen in ihrer Sprache gelingt Klöpsch eine gute Mischung aus Persiflage und ernsthaftem Spiel. Neben ihr wirkt das Gebaren von Argan noch alberner als es Keimel schon darstellt. Das Vergnügen ob des unangemessenen Verhaltens des reichen Monsieurs steigert sich im Publikum stetig.
Diese Laientruppe der Connewitzer Kammerspiele versteht es, ihren Zuschauern in einer heimeligen Wohnzimmeratmosphäre eine Komödie der Weltliteratur mit dem gebührenden Ernst und gleichzeitig mit Witz und Charme zu präsentieren. Auch wenn Uli Sebastian durch die persiflierende Darstellung der Figuren so manche spielerische Schwächen der jungen Schauspieler kaschieren wollte, so lässt er dem Zuschauer gerade dadurch und durch den Wortwitz keine Möglichkeit, in ernster Stimmung nach Hause zu gehen. Und vielleicht nimmt ja der eine oder andere Zuschauer Toinettes Weisheit mit: Wenn es einem Hypochonder gefällt zu schimpfen, weil er sich durchschaut fühlt, so darf man weiterhin gegen sein Gefallen stöhnen. Denn nur so kann man seine Triebfeder zum eingebildeten Kranksein entblößen.
(Dajana Bajkovic)
Kommentar hinterlassen