Jazzy Nina

Nina Hagen und die Leipzig BigBand lösen Punk-Explosionen im Gewandhaus aus

Wer kennt sie nicht, Deutschlands schrillste Frau? Nina Hagen sorgt wieder einmal für Wirbel. Mit ihrer neuesten Platte „Big Band Explosion“ ist sie zur Zeit auf Tournee – und nun kommt’s: mit der Leipzig BigBand! Mit dieser hat sie die Platte aufgenommen, oder besser gesagt, die Band mit ihr … wie auch immer, jedenfalls ist das Ergebnis überaus hörenswert!

So war der Zwischenstop im Gewandhaus gewissermaßen ein Heimspiel. Die Leipzig BigBand unter der Leitung von Frank Nowicky ließ wirklich aufhorchen. Nie zuvor war sie wohl derart gut eingespielt wie an diesem Abend! Da stimmte einfach alles! Vielschichtige und musikalisch vielfältige Arrangements waren zu hören, die nichts zu wünschen übrig ließen. Die Bläsersätze waren von einer so angsteinflössenden Genauigkeit und Kraft, dass es einem den Atem verschlug. Die Solisten, allen voran Frank Nowicky, improvisierten scheinbar mühelos auf höchstem Niveau. Mit heiterer Nonchalance und lässigem Entertainment präsentierten sich die sonst so gentilen Jungs mal von einer ganz anderen Seite. Offensichtlich tat der Leipzig BigBand die Zusammenarbeit mit der Punk-Queen gut. Aber auch Frau Hagen profitierte hörbar.

Die schräge Grande Dame der deutschen Punk-Rock-Szene erinnert sich gegenwärtig ihrer musikalischen Wurzeln: „Als Teenager in Ost-Berlin bin ich auch immer zu Jazzkonzerten gegangen, habe die großartigen Jazz- und Soulsänger bewundert, die mit der Klaus-Lenz-BigBand und anderen Jazzbands gearbeitet haben. Gerade das war meine Musik, gerade das ist meine Musik.“ Ihr Auftritt in Leipzig, bei dem sie als wahrscheinlich erste Sängerin in der Geschichte des Gewandhauses die Bühne mit schwarzen Lackstiefeln, schwarzem Lackkorsett und weißem Tütü betrat, zeigte, dass sie sich auch in diesem Genre behaupten kann. Sie sang Jazzstandards wie Let Me Entertain You, Over The Rainbow, oder Sugar Blues und gerade ihr affektierter, teils rockiger, teils an Opernarien erinnernder Gesangsstil machte den Reiz dieser Interpretationen aus. Zudem gab sie gemeinsam mit ihrem Mann, dem Gastsolisten Lucas Alexander, Duette wie The Lady Loves Me und Let’s Call The Whole Thing Off zum Besten.

Ein weiterer Überraschungsgast an diesem Abend war David Timm, einer der Mitbegründer der Leipzig BigBand, der mit Hilfe des Publikums und der BigBand eine abgedrehte Version von Bachs berühmter Tocatta d-moll vorstellte (die höchstwahrscheinlich nicht von Bach stammt), wobei er im wahrsten Sinne des Wortes alle Register der Orgel zog.

Nach einem rundum gelungenen Konzert wurde das Publikum noch mit mehreren Zugaben beglückt. Neben Sinatras New York, New York sang Nina Hagen ihren Klassiker Ich hab‘ den Farbfilm vergessen und gemeinsam mit ihrem Mann eine phänomenal-unkonventionelle Version von Sag‘ mir wo die Blumen sind. Sie beeindruckte besonders mit einer a capella-Hommage an Ella Fitzgerald, mit der sie endgültig den Beweis lieferte, dass sie richtig gut singen kann. Hut ab!

Nina Hagen & Leipzig BigBand

31. Mai 2004, Gewandhaus Leipzig

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