Spanischer Regenbogen

Darf ’s ein bisschen mehr sein?: Dirigent Dmitrij Kitajenko führt das Gewandhausorchester und Solistin Lilya Zilberstein durch das Konzert

Das jüngste Grosse Concert im Gewandhaus glich einem musikalischen Regenbogen; jedenfalls, was die orchestrale Farbenpracht betrifft. Von Schtschedrins „Carmen-Suite“ über die impressionistischen Stimmungsbilder de Fallas bis hin zu Rimski-Korsakows effektvollem „Capriccio espagnol“ erstreckte sich dieser Regenbogen und überspannte damit ausschließlich solche Werke, welche sich in irgendeiner Weise mit dem Grundthema „Spanien“ beschäftigten. Während die russischen Komponisten dabei etwas tiefer in die Klischee-Kiste griffen, schuf de Falla als Spanier auch ohne viel exotisches Klimbim spanisches Flair. Aber ob nun spanisch oder nicht – alle drei Werke erwiesen sich erwartungsgemäß als überaus publikumswirksam. Und warum auch nicht?

Sicherlich steht bei Schtschedrins Carmen-Transkription der Spaß an ungewöhnlichen Klangeffekten im Vordergrund. Sicherlich trägt Schtschedrin dabei etwas dick auf (so wird das große Streichorchester von vierzig(!) Schlaginstrumenten verstärkt), aber zum Glück bietet die Partitur nicht nur rein zahlenmäßig, sondern auch qualitativ neue Erfahrungen. Da werden die bekannten Melodien durch ungewohnte Instrumentation völlig neu beleuchtet, da werden schon einmal Melodien „weggelassen“ um vom Hörer ergänzt zu werden usw. Wie gesagt, ein großer Spaß – aber auf hohem Niveau! Auf ebensolchem befand sich auch die Spielkultur des Gewandhausorchesters, und dies gilt uneingeschränkt für den ganzen Abend. Während die „Carmen-Suite“ Gelegenheit bot, die herausragenden Fähigkeiten der Schlagwerk-Spezialisten und das ebenso disziplinierte wie motivierte Spiel des Streichorchesters zu bewundern, bewiesen auch die Bläser nach der Pause, in welch guter Verfassung sie an diesem Abend waren.

Manuel de Fallas „Nächte in den Gärten Spaniens“ für Orchester mit obligatem Klavier eröffneten diesen zweiten Teil des Konzerts. Hier demonstrierte die Solistin Lilya Zilberstein auf beeindruckende Weise, wie man gleichzeitig nicht nur überaus kraftvoll und klar, sondern auch zurückhaltend und zart spielen kann. Damit wurde sie den (wenigen) solistischen Abschnitten ebenso gerecht wie denjenigen Partien, in denen das Klavier ein – wenn auch wichtiges – Orchesterinstrument unter anderen ist.

Der „Rausschmeißer“ durfte selbstverständlich nicht fehlen: Mit Rimski-Korsakows „Capriccio espagnol“ bot das Orchester noch einmal alles an Spielfreude und Klangschönheit auf. Dirigent Dmitrij Kitajenko war – obwohl er sich bereits zuvor ziemlich verausgabt hatte – nicht die Spur von Müdigkeit anzumerken, und so profitierte auch dieses letzte Werk des Abends von seiner ebenso umsichtigen wie kraftvollen Leitung.

Rodion Schtschedrin: Carmen-Suite
Manuel de Falla: Nächte in den Gärten Spaniens
Nikolai Rimski-Korsakow: Capriccio espagnol op. 34

Solistin: Lilya Zilberstein, Klavier
Gewandhausorchester
Dirigent: Dmitrij Kitajenko

3. Juni 2004, Gewandhaus, Großer Saal

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