Ganz oder gar nicht: das Schauspiel Leipzig macht Sommertheater

„Ladiesnight“
Regie: Thorsten Duit
Parkbühne Clara-Zetkin Park (Schauspiel Leipzig)
26. Juni 2004

Text: Stephen Sinclair/ Anthony McCarten
Darsteller: Marco Albrecht (Norman), Jens Glanze (Mike), Dieter Jaßlauk ( Bernie), Andreas Keller (Craig), Jörg Malchow (Gavin), Martin Reik (Barry), Günter Schoßböck (Wesley), Susanne Stein (Sharon), Berndt Stübner (Graham)

Nächste Vorstellungen: 10.07.-17.07.04, 20 Uhr


Keine halben Sachen

Tom Jones‘ „Sexbomb“ schwirrt an diesem Abend mehrmals durch die Luft. Doch die arbeitslosen ehemaligen Kollegen Graig, Barry, Norman, Wesley, Gavin und Graham sind weit davon entfernt, Sexsymbole zu sein. Zu dünn, zu dick, zu alt, schwervermittelbarer Restmüll eben, wie Craig treffend betont. Mit seinem besten Freund Barry kommt er auf die Idee, vor zahlendem weiblichen Publikum zu strippen. „Ganz oder gar nicht“ lautet die Devise der Local Heroes – und das wird zu einem wahrlich komischen Unterfangen.

1987 kamen die neuseeländischen Autoren Sinclair und Mc Carten auf die einfache und doch sehr amüsante Idee für ein Theaterstück. Mit britischer Sozialkritik versehen, wurde aus ihr 1997 eine der erfolgreichsten brtitischen Filmkomödien. Wer den Film kennt, kommt nicht umhin, Vergleiche anzustellen. Die wundervolle Tragikomik des Filmes bleibt der Leipziger Inszenierung größtenteils versagt. Ist der Strip bei Regisseur Peter Cattaneo das letzte Aufbäumen der männlichen Protagonisten gegen eine Welt, die sich wandelt und keinen Platz für sie zu haben scheint, verkommt er im Sommertheater zum derb-komischen Ausziehtheater. Parallelen zur ostdeutschen Geschichte hätten dem Stück gut getan. Der liebevoll mit Bambinaschokolade, Pfeffi und Knusperflocken dekorierte Ost-Kiosk am Bühnenrand wird leider nur zum bunten Vehikel für kleine Gags. Ärgerlich auch der kurze Auftritt von Jens Glanze als Mike. Als arbeitsloser Familienvater, die Kinder im Auto, sieht Mike in der Striptease-Show seiner Ex-Kollegen einen Ausweg aus der Misere, doch er scheitert beim Ausziehen. Dieser kurze Moment der traurigen Realität und Verzweiflung verpufft bei Jens Glanze zu einer auswendig gelernten Darbietung ohne Nachwirkung.

Dennoch ist das Stück sehenswert. Das liegt an einer flotten Inszenierung mit viel Musik und brüllend komischen Tanzeinlagen. Hervorzuheben ist Marco Albrecht als verklemmter Norman, ein Muttersöhnchen mit krummem Rücken, schnellen, leisen Schritten und einer Vorliebe für gelbe Pullunder. Albrecht verleiht diesem Verlierertyp, dem nicht einmal der eigene Selbstmord gelingen will, sehr lächerliche und dennoch liebenswerte Züge. Berndt Stübner als Graham schafft es zwischen stolzer Überlegenheit, eitler Selbstgefälligkeit und purer Existenzangst leichtfüßig und sympathisch hin und her zu tänzeln. Auch Gunter Schoßböck als Wesley in angeschmuddelter Trainingshose, mit fettigem Haar und Hochprozentigem zum Frühstück, bleibt als stiller Beobachter mit pointierten, sarkastischen Bemerkungen im Gedächtnis. Andreas Keller in der Hauptrolle schlägt sich wacker, wirkt in vielen Szenen jedoch mit seiner Coolness oder in seiner plötzlichen Verzweiflung zu aufgesetzt.

Für richtig viel Komik sorgen die kurzen Tanzeinlagen. Craigs Stripteaseversuch zu Shaggys „Mr. Bombastic“ scheitert an den Tücken seiner Lederjacke und seiner Stiefel während Wesley zu „Thriller“ den Moonwalk für Arme vollführt und Michael Jackson wirklich Konkurrenz machen könnte. Aus diesen ersten Gehversuche wird eine fulminante Striptease-Show am Schluß. „You can leave your hat on“ fordert Tom Jones und mit ordentlichem Rhythmus in den Hüften wird aus den Local Heroes mit kleinen Schönheitsfehlern die heiß begehrte Truppe der Nacht. Viel Beifall für ein lustiges Sommerspektakel!

(Diana Kluge)

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