Klassik im Park

Das Gewandhausorchester spielt unter Leitung von Herbert Blomstedt im Rosental

„Das ist doch ein herrlicher Abend????“ mit diesen Worten begrüßt Herbert Blomstedt die mehr als 3000 Gäste zum Saisonauftakt des Gewandhaus´ im sommerlichen Rosental. Wie schon so oft an solchen Anlässen fesselt der Gewandhauskapellmeister sein Publikum mit seinem einnehmenden Charme: zu jedem Stück ein paar Worte zur Struktur und Geschichte gespickt mit kleinen Anekdoten, die er mit diebischer Freude erzählt.
Den Auftakt macht Griegs Suite „Aus Holbergs Zeit“. Griegs Hommage huldigt den skandinavischen Dichter und Historiker Ludvig Holberg mittels einer fünfsätzige farbenfrohen Orchestersuite. Nachdem man sich an die ungewöhnliche Akustik (?) der Verstärkeranlagen gewöhnt hat, kann man genüsslich in die romantische Welt Griegs eintauchen. Die fünf Sätze lassen in oft tänzerischer Form das Leben Holbergs ablaufen, galoppierende Rhythmen wechseln sich ab mit nachdenklich ruhigen Formen, Leichtigkeit und berührende skandinavische Tragik, da hat man die Abstriche des Open Air bereits vergessen.

Brahms Konzert für Violine und Orchester wird uns als „richtige“ Gewandhausmusik angekündigt. Das Gewandhausorchester schafft es bis zum ersten Einsatz des Solisten eine geradezu knisternde Spannung zu erzeugen, Leonidas Kavakos bedankt sich mit einem brillanten Vortrag. Der olympische Geist des Allerhöchsten scheint vom Orchester und Solisten beim gemeinsamen Auftritt in Athen im August Besitz ergriffen zu haben. Klarste Linien und eine kraftvolle Interpretation der dramatischen Parts bei Kavakos treffen auf die feinsinnige Begleitung des Orchesters. War das picknickende zahlenmäßig unterlegene Publikum bisher nur durch Kinderstimmen und Weingläserklappern aufgefallen, überrascht es die schätzungsweise 2500 sitzenden „richtigen“ Konzertbesucher mit spontanen Applaus nach dem 1. Satz. Eine berührende Szene im dämmernden Rosental. Aber es geht noch schöner: die betörende Melodie der Oboe am Anfang des zweiten Satzes: hingehauchte Töne, gefühlvoll gestützt durch das Orchester. Kavakos´ Stradivarius aus dem 17. Jahrhundert zaubert besonders in den tiefen Lagen atmosphärische Dimensionen. So gehen die 40 Minuten des Konzertes leider viel zu schnell vorbei.

Ravels Bolero zum Ende des Abends scheinen aus einer anderen Welt zu sein. Musik die eindimensional auf Effekte setzt. Zwei Themen werden ohne Entwicklung wiederholt, letztlich werden sie bis zu einem gewaltigen Finale gesteigert. Das wird ebenso virtuos vorgeführt wie die ersten beiden Stücke, vorab gibt es noch eine geistreiche Einführung von Herbert Blomstedt. Es ist jetzt dunkel, sternenklare Sommernacht – ein gelungener Auftakt in die Saison 2004 / 2005.

Klassik im Park

Leipzig – Rosental – Große Wiese
Edward Grieg (1843-1907)
Aus Holbergs Zeit
Suite im alten Stil für Streichorchester op. 40

Johannes Brahms (1833-1897)
Konzert für Violine und Orchester D – Dur op. 77

Maurice Ravel (1870-1937)
Boléro

Gewandhausorchester
Solist Leonidas Kavakos, Violine
Dirigent Herbert Blomstedt

Sonntag, 5. September 2004, 19.00 Uhr

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