Rundumschlag des Rumpelstilzchens: Urban Priol auf der Leipziger Lachmesse (Babette Dieterich)

Urban Priol:
„Täglich frisch“
Leipziger Lachmesse
Sonntag, 17.10.04, academixer

Rundumschlag des Rumpelstilzchens

Urban Priol tigert über die Bühne, wild gestikulierend und dauerredend. Er kommt fließend vom Hundertsten ins Tausendste, wechselt in Windeseile verschiedene Figuren, Haltungen und Stimmen. Da lächelt der Kanzler jovial mit Shakehands, dort jammert der Wessi wie der Ossi über das Früher, das einfach besser war. Alle kriegen ihr Fett ab, Urban Priols Komik macht vor niemand halt. Geschickt baut er auch brandaktuelle Themen wie die geplante Schließung des Opel-Werkes in sein Programm ein. „Täglich frisch“, das ist keine Übertreibung.

Anfangs wirkt das neue Programm noch etwas sprunghaft, so rasch wechselt Urban Priol die Themen, überrollt das sprühende Rumpelstilzchen sein Publikum mit assoziativen Pointen. Er zieht Parallelen zwischen der F.D.P. und dem Robbensterben, sieht Guido Westerwelle in einer Shakespeare-Inszenierung als Strauch auf der Bühne, vermutlich im Sommernachtstraum. Und schon ist er bei Schwarzenegger, dem ersten Österreicher nach 60 Jahren, der wieder Menschen hinrichten kann. Die Witze sind mal makaber, mal wie spontane Eingebungen oder eher karikierend, am Optischen orientiert. So wird Angela Merkel rasch als „Der Hosenanzug“ im Programm etabliert und sorgt jedes Mal bei der Erwähnung für Lacher.

Urban Priols Programm enthält keine einzelnen Nummern, sein Redeschwall geht fließend von einem Thema ins andere über. Ebenso ununterbrochen ist sein Bewegungsdrang: Er läuft permanent auf der Bühne im Kreis, ein Worttiger im Kabarettgefängnis. Würde er innehalten, würde auch sein Wortfaden verloren gehen. Die einzigen Pausen sind ein gelegentlicher Schluck aus dem alkoholfreien Weizen und kurze, collageartige Einschübe von Stimmen des Volkes in wechselnden Mundarten. Da wird auf bayerisch, sächsisch und hessisch gebabbelt, gejammert und lamentiert. Hut ab, wie glaubhaft Urban Priol die Dialekte imitiert. Ebenso überzeugend kommen die O-Töne diverser Politiker samt ihrer typischen Gesten.

Im zweiten Teil des Abends – Urban Priol bestreitet insgesamt zweieinhalb Stunden im Alleingang, und das ohne Requisiten, Musikeinspielungen oder andere Hilfsmittel – geht es etwas familiärer zu. Urban Priol scheint etwas ruhiger geworden zu sein und verweilt länger bei den einzelnen Themen, wie IKEA und Feng Shui. Am Ende mündet das Programm in ein grandioses Weltuntergansszenario. Darin tauchen wie Leitmotive (Leidmotive?) fast alle Themen des Abends noch einmal verknappt auf. Ein atemloser Rundumschlag.

(Babette Dieterich)

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