Eröffnung des 47. Internationalen Leipziger Festivals für Dokumentar- und Animationsfilm (Max Bornefeld-Ettmann)

47. Internationales Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm
19.-24. Oktober 2004
www.dokfestival-leipzig.de
„Lift Up Your Asses“
Die feierliche Eröffnung des Festivals

Mit jugendlichem Charme tritt auf: Claas Danielsen, der neue Direktor des Dokfestivals. In einem cremefarbenen Anzug und mit souveränen Bewegungen bereitet der Direktor einen furiosen Festivalauftakt, der durch eine Sonderauszeichnung und eine besondere Wertschätzung des zu verabschiedenden Festivaldirektors Fred Gehler ebenso beeindrucken soll wie drei Filme, die den besonderen Charakter dieses Ereignisses unterstreichen. Der Kulturbeigeordnete der Stadt Leipzig, Dr. Georg Girardet, hält eine kleine Festrede auf Fred Gehler und dessen Leistungen in elf Jahren stetiger Weiterentwicklung. Er lobt ausdrücklich und mehrfach Gehlers Qualitäten und die Güte der Zusammenarbeit. Danach werden Blumen überreicht und Photos gemacht. Dann darf Fred Gehler reden. Gewohnt bissig würdigt er den Lobgesang des Kulturbeigeordneten mit keinem Wort und erwähnt dessen Namen nicht. Erinnerungen werden wach: War da nicht etwas letztes Jahr, im Zuge der Übergabe an einen neuen Direktor? Da war es zu scharfen Worten gekommen – freilich nicht von Dr. Girardet. Aber Fred Gehler blieb sich auch dieses Mal treu und sparte nicht an Kommentaren. Er beschwört den „Mythos“ des Festivals herauf und ordnet sich damit in seine lange Tradition ein. In Anbetracht der diesjährigen Eröffnungsfilme – alle von hohem künstlerischem Wert, damit wir uns nicht falsch verstehen – wirkte die Aufzählung von verschiedenen ganz besonderen Filmen des Festivals aus den letzten zwanzig Jahren besonders stark. Der kleine Ausschnitt aus dem breiten Spektrum der Filme der letzten Jahrzehnte weist auf einen politischen, gesellschaftlichen neben dem künstlerisch ästhetischen Schwerpunkt hin. Wird der neue Direktor diese Erwartungen erfüllen können? Wird sich Claas Danielsen verweigern, wenn gefordert werden sollte, ein aktuelles Geschehnis ins Programm einzubauen, wie Fred Gehler es nach dem 11. September sowohl im 45. wie auch im 46. Dokfestival getan hat, weil weder 2001 noch 2002 die Maßstäbe erfüllt worden waren?
Claas Danielsen stellt in seiner Rede erstmal fest, daß er, wenn er sich auf der Leinwand in der Vergrößerung betrachtet, „asynchron“ spricht. Das ist schon mal eine interessante Feststellung. Weitere Reflexionen ergeben sich aus der Ansprache des Jungen vom Titelbild des Dokfestivals, dem Danielsen den Namen „Xjaubing“ gibt, und mit dem er bespricht, welche Fragen sich beim Betrachten von Bildern und Filmen stellen. Schließlich fordert er dazu auf, Filme zu entdecken, „die das Herz schneller schlagen lassen“.
Dann grüßt noch der Frankreich-Direktor von Arte mit einer kleinen, charmanten Rede, in der er sowohl Giorgio Agamben zu Wort kommen läßt wie auch Georg Christoph Lichtenberg. Die Reduktion des Betrachters auf einen Bilderkonsumenten straft er dabei von ihm ebenso ab wie die Konsumorientierung überhaupt. Seiner Meinung nach kann der Dokumentarfilm mit seiner „Ästhetik der Intelligenz“ da einiges zurechtrücken, beispielsweise auch die Ethik verschiedener Völker in Beziehung zu einander stellen. (Max Bornefeld-Ettmann)

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