Eine Gasse dem Dokumentaristen-Nachwuchs! (Lina Dinkla)

47. Internationales Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm
19.-24. Oktober 2004
www.dokfestival-leipzig.de

Bild: Dokfestival
Dim SunDer Nachwuchs des Dokumentarfilms
Einblicke in das Schaffen an Filmhochschulen

Die Auswahl des „Discovery Campus Masterschool“-Programms gibt einen kleinen Einblick in die Themenvielfalt, mit denen sich hier professionell filmisch auseinandergesetzt wird. Children of the Decree (D 2004, Florin Iepan) beispielsweise lässt sich einordnen in die Reihe „Aufarbeitung diktatorischer Monstrositäten als Zeichen erfolgreicher Demokratisierung“. In diesem Fall geht es um einen Erlass Ceausescus, der Abtreibung und alle sonstigen Verhütungsmethoden unter hohe Strafe stellt. Es kommen Zeitzeugen zu Wort, die dieses vernachlässigte Kapitel aus Rumäniens jüngster Vergangenheit aufleben lassen. Ein anderer Film, The Enigma of Sleep (Italien 2004, Enrico Cerasuolo und Sergio Fergnachino), versucht in nüchternem Erzählton das Geheimnis des Schlafes zu enthüllen und trifft verschiedene Menschen, die alle an seltenen „Schlafkrankheiten“ leiden. Conflict Tiger (GB 2004, Sasha Snow) lotet die formalen Grenzen des Dokumentarfilms aus und nähert sich dem Konflikt zwischen Tiger und Mensch mit Mitteln des fiktionalen Thrillers. Zu offensichtlich jedoch an einem Film wie Jaws orientiert, wirkt das bewusste Nicht-Zeigen des Tigers als ein zu platter Versuch, Spannung zu erzeugen. Das eigentliche Hintergrundereignis des Films – Tiger frisst Mensch – wird zudem einerseits unangenehm plakativ, andererseits unbefriedigend oberflächlich behandelt.
Das Programm der „National film and television school London“ in der Reihe „First Flush – Schulverweise“ ist ebenfalls derart umfangreich und vielfältig, dass es schwer fällt, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Es ist jedoch bemerkenswert, dass sich sehr viele Filme im weitesten Sinne mit dem Suchen und Finden von Identität auseinandersetzen. Vor allem die Frage nach Heimat und dem Wechselspiel der eigenen und der fremden Kultur steht bei vielen jungen Filmemachern im Vordergrund, die selber in zweiter oder dritter Generation britische Einwanderer sind. Als herausragend ist hier Dim Sum (GB 2002, Jane Wong) zu nennen. Unbedingt beachtenswert sind außerdem die Filme Wag the Dogma (GB 2000, Emily James) und The Company We Keep (GB 2004, Simon Chambers), denen man aufgrund ihres witzigen und ungewöhnlichen Ansatzes ein noch größeres Publikum wünscht.(Lina Dinkla)

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