Tupperparty mit Fußjonglage: „Aufgedreht!!! Das Tupperdelirium” (Babette Dieterich)

Aufgedreht!!! – Das Tupperdelirium
Komödiantische Varietéshow
Krystallpalastvarieté, Donnerstag, 3.2.05

Bild: Antipodenspiele mit Antje Pode
(Krystallpalastvarieté)


Slapsticklastige Tupperparty

Tante Lilli (alias Guido Klode) hält, was ihre Lockenwickler versprechen: Aufgedreht, aber sympathisch. Am Piano begleitet vom spitznasigen Ostwestfalen Herrn Lüker, geben die beiden ein eingespieltes Komikerpaar ab. Die Putzkittel von Tante Lilli sind schrill, die Pointen und Conférencen sitzen, wenn sie auch oft vorhersehbar sind. In den sprachakrobatischen Nummern mit vertauschten Stimmen und Wort für Wort abwechselnd gesprochenen Gedichten merkt man die Routine des Duos. Nichts Überraschendes, aber auch keine Peinlichkeit, wie sie häufig über die Comedybretter fegt.

Für Überraschung sorgt hingegen Tomek, der mit seiner ungewöhnlichen Jonglagenummer den Reigen der Akrobaten eröffnet. Variantenreiche Kontaktjonglage, bei der die Bälle und Keulen im Nacken aufgefangen werden oder über die Arme rollen, wechseln ab mit klassischer Wurfjonglage. Tomek (Thomas Wallborn) überzeugt zusätzlich mit seiner ästhetischen Beweglichkeit und Gesamtkomposition der Nummer. Schade, dass es bei dem einen Auftritt bliebt. Der zweite, extrem slapsticklastige Teil des Abends hätte genügend Raum geboten für einen weiteren Auftritt dieses eigenwilligen Artisten.

Zweiter Höhepunkt des Abends bildet der aus der türkischen Hauptstadt Berlin-Kreuzberg stammende Magier Oguz Engin mit einer spanischen Zaubernummer. Spielkarten wirbeln durch die Luft, wachsen aus seinen Händen, Bälle sprießen aus seinen Fingern und verschwinden wieder. Insbesondere im Genre „Manipulation“ hat der junge Türke bereits viele internationale Preise gewonnen. Zu Recht. Auch sein zweiter, etwas bemüht komödiantischer Auftritt, in dem Tante Lilli ihn zersägen darf, macht der Wirkung keinen Abbruch.

Die Spaghetti müssen laut Tante Lilli al dente sein, damit man an ihnen Kunststücke vollbringen kann, wie das Antje Pode tut. Ihr Vertikalseil, aufgeteilt in viele, einzelne Spaghettifäden, bietet den Halt für eine atemberaubende Artistiknummer in der Luft. An wenigen Stellen wirken die Bewegungen etwas unmotiviert oder versuchen, der bedeutungsschwangeren Begleitmusik einen Sinn einzuhauchen. Antje Pode überzeugt noch mehr im zweiten Programmteil mit ihrer Fußjonglage, sogenannte Antipodenspiele. Sie dreht Koffer, Einkaufsbeutel und Apfelsinen in Rückenlage auf ihren Füßen, jongliert zusätzlich mit den Händen. Das ist ungewöhnlich und gelungen eingebettet in eine kleine Story, dass man sich eben auf diese Weise die Zeit verkürzen kann, um auf den nächsten Zug zu warten.

Nicht mit dem Zug, dafür mit dem Raumschiff ist Daniela Franzen als Spirella angekommen. Auf einem mit Schrott dekorierten Seil vollführt sie einen eigenartigen Seiltanz, braut aus grünem Glibber und anderen undefinierbaren Essenzen einen Cocktail, den sie am Ende, etwas zur Irritation des Publikums, bei ihrem Abgang schlürft. Eine ungewöhnliche Nummer, die jedoch nicht völlig überzeugt. Trotz des enormen Materialaufwandes entstanden immer wieder Spannungslücken, waren die außerirdischen Handlungen nicht immer eindeutig nachvollziehbar, daher verpuffte ihr Witz.

Enormen Materialaufwand betreibt auch Semen Shuster, ein Comedykünstler aus der Ukraine. Krächzend und brabbelnd, tritt er wie der zweite rote Faden des Abends ein wenig zu häufig auf, erzeugt Kurzschlüsse, steigt aus überdimensionalen Mänteln, schleudert zappelnde Handattrappen aus Koffern, lässt Plüschhasen und -marder zu Wort kommen. Am überzeugendsten ist er, als er die Requisiten eher minimalistisch einsetzt. Zum einen in einer Mitmachnummer, bei der das Publikum auf Handzeichen klatscht und seufzt. Zum anderen in einer Nummer mit einem Klebeband, dessen ratschendes Geräusch sich als geniales Rhythmusinstrument entpuppt. Und wie Perlen auf einer Schnur, kleben die Protagonisten des Abends am Klebeband und werden nacheinander auf die Bühne gezogen. Das ist Comedy, die mit einfachen, zweckentfremdeten Requisiten erzeugt wird. Da steckt Witz drin, etwas, das man so nicht erwartet hat.

(Babette Dieterich)

Kommentar hinterlassen

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.