Karaoke von Abba bis Zappa: Die musikalische Komödie „Meine letzte Nacht als Fräulein” (Babette Dieterich)

Meine letzte Nacht als Fräulein
Eine musikalische Komödie mit Carolin Fischer & Bert Callenbach
Regie: Peter Wilczynski
Technisch-musikalische Einrichtung: Ekkehard Meister
Frosch Café & Theater, 2. April 2005

Foto: © Stefan Hoyer


Karaoke im Schwabenidyll

Resolut zur Filmmusik von Miss Marple erobert sie die Bühne: Fräulein Fischer, die Pächterin der Künstlerpension „Zur schwäbischen Jungfrau“. Rasch wird das Publikum in die wichtigsten Grundsätze des Hauses eingeführt: „Alles, was sich bewegt, wird gegrüßt. Alles, was sich nicht bewegt, wird geputzt.“ Im gediegenen Ambiente der Pension (das gelungene Bühnenbild haben die beiden Künstler selbst kreiert) scheint die schwäbische Welt in Ordnung zu sein, wäre da nicht die Sehnsucht nach einer Abwechslung im Spätzle-Einerlei. Symbol für die Verlockungen der weiten Welt jenseits der schwäbischen Jungferntracht mit Schürzle: Die Karaokemaschine. Diese Neuerwerbung des Hauses sorgt immer wieder für stimmungsvolle Klänge (Arrangements: Ekkehard Meister) und unterstützt die singende Jungfrau und ihren Dauergast, Herrn Callenbach, bei diversen musikalischen Einlagen von Abba bis Zappa.

Herr Callenbach, die ewige B-Besetzung, verkannter Künstler und Sohn der sächsischen Besitzerin der Pension, schlurft im Morgenmantel über die Bühne und gibt melancholische Lieder zum besten. Umso größer die Verwandlung, wenn er in die Rolle der verklemmten Polizistin Gundula schlüpft, seine eigene Mutter verkörpert oder einen coolen, besoffenen Finnen mimt. Fräulein Fischer zeigt sich ebenfalls von ihrer wandlungsfähigen Seite, schlüpft in die Rolle eines türkischen Pizzaboten, einer osteuropäischen Blondine mit zweifelhaftem Ruf und schiebt sich als Joy Flemming mit Mannheimer Dialekt und enormem Vorbau durch die Reihen des Publikums.

Der Handlungsfaden besteht aus kleinen Episoden, bestimmt durch das Kommen und Gehen der Gäste. Die Klammer der ganzen Handlung ist die Unzufriedenheit des Fräulein Fischer und ihres Dauergastes in der auf Hochglanz polierten Enge der Pension. Die Auflösung des Dilemmas kommt überraschend, nur so viel sei verraten: Dank einer kulinarischen Neuentwicklung schafft das Fräulein Fischer den ganz großen Durchbruch. Nein, kein neues Spätzlegericht.

Ein paar Dialoglängen im ersten Teil könnten gestrafft werden, dafür hätten ein, zwei Karaokesongs noch Platz. Erstaunlich ist, dass trotz der vielen Verwandlungen kaum Lücken entstehen oder ein Umzug durch Zwischenmusik oder eingespielte Dialoge überbrückt werden muss. Die Überraschung ist immer wieder groß, in welcher Figur einer der beiden Darsteller als nächstes die Bühne betritt. Insgesamt ist dieses Programm ein äußerst vergnüglicher Abend mit viel Situationskomik und überraschenden Wendungen, außerdem ein kleiner Lehrgang in die Fremdsprache Schwäbisch. Spätestens nach diesem Programm denkt jeder Zuschauer bei LKW nur noch an Läbakäsweckle (Brötchen mit Leberkäse). Wohl bekomm’s!

(Babette Dieterich)


Karten & Info unter: 0341 / 2251363
Weitere Vorstellungen: 28. – 30.04., 19. – 20.05., 04. – 05.06, 23. – 25.06.2005

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