Last night two DJs saved my life

Die DJ’s Electrigger und Zacker über ihre „Disco-Hospital”-Partys im Interview mit dem Leipzig Almanach

Die DJs Electrigger und Zacker über ihre neue Partyreihe Disco Hospital

„First aid for your ears“ – das ist das Heilungsversprechen, dass Christian, 29, aka DJ Electrigger und Frank, 24, bekannter als DJ Zacker, den Disco-Hospital-Gästen (Patienten?) geben und selbstverständlich auch halten. Anfang März dieses Jahres wurde zum ersten Mal behandelt, und am 6. Mai geht es weiter mit dem „sleazy Pillencocktail aus Electro Boogie, Post Punk, New Wave, Cold Funk, Minimal und Future Rock’n’Roll“ (so die DJs in ihrem hypokritischen Eid). Über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von Disco Hospital sprachen DJ Electrigger und DJ Zacker mit Almanach-Redakteurin Friederike Haupt.

LEIPZIG-ALMANACH: Wie und wann hat Eure Zusammenarbeit angefangen?

ELECTRIGGER: Bis vor nem Jahr etwa kannten wir uns noch gar nicht. Da war ich bei Frank auf ner Party, die mir sehr gefallen hat. Ich war so begeistert, dass ich nach Hause gekommen bin und gar nicht ins Bett konnte. Ich hab mich unter Kopfhörer gesetzt, zwei Stunden für mich selber aufgelegt und war wirklich euphorisch. Dann hab ich Frank ne E-Mail geschrieben und gefragt, ob ich auf seiner Party mal als Gast-DJ auflegen könnte. Er meinte aber, er würde lieber eine eigene Partyreihe mit mir machen.
ZACKER: Man muss dazu sagen, dass das damals so’n verlängertes Wochenende mit Kunst und Musik war, nicht als längere Sache geplant. Wir haben überlegt, was wir zusammen machen könnten, und es zeigte sich, dass unsere musikalischen Interessen sehr gut passen, wir ticken gleich. Und es ist wichtig, dass man die gleichen Vorstellungen von ner Party hat und nicht einfach sagt: Lass uns mal irgendwas machen, lass uns in irgendnen Club gehen.

Was ist das Besondere an Euren Partys, und wie kamt ihr darauf, sie gerade so zu konzipieren, wie ihr’s gemacht habt?

ELECTRIGGER: Ich komme ursprünglich aus Berlin, bin dort oft weggegangen. Ich will Berlin jetzt gar nicht als so toll darstellen, aber Tatsache ist, dass ich dort gern auf bestimmten Partys war, wo ich mich musikalisch wohlgefühlt hab. Diese Mischung aus alter und aktueller Musik, aus Punk, aber auch elektronischen Geschichten, die aus den Achtzigern sein konnten, aber auch aus den letzten drei Wochen. Aber das waren eben keine Techno-Clubs, sondern eine elektronische Subkultur. In Leipzig ist so etwas kaum zu finden gewesen.
ZACKER: Oder die elektronischen Live-Acts kamen, weil es hier nichts anderes gab, in die Distillery. Aber das ist es einfach nicht.
ELECTRIGGER: Das Paradoxon ist eigentlich, dass ich jetzt ne Party mache, wo die Musik läuft, zu der ich gern tanzen würde, aber ich komm nicht dazu. Wenn ich auflege, geht das nicht, und wenn ich nicht gerade auflege, bin ich viel zu aufgeregt zum Tanzen.

War die erste Party aus Eurer Sicht denn erfolgreich?

ZACKER: Jetzt würde ich sagen: ja. Wir hatten etwa zweihundert Gäste. An dem Abend selbst waren wir aber total angespannt.
ELECTRIGGER: Da rennt man schon mal zur Kasse und fragt: Sind wir schon auf plus minus Null? Wir verdienen daran ja nichts, sondern machen das aus Spaß, und da ist man wirklich aufgedreht. Bei unserer ersten Veranstaltung saß ich, wenn ich nicht aufgelegt hab, wirklich nur da, hab den Leuten beim Tanzen zugesehen und fand das ganz toll.
ZACKER: Wir denken, die Sache hat Potential, auch weil wir beim Zielpublikum noch gar nicht so festgefahren sind. Dadurch, dass wir aus verschiedenen Szenen kommen, waren bei uns wirklich Oldschool-Achtziger-Jahre-Grufties, junge Popper – Haare schief und ab die Post -, wirkliche Punks und ein paar Rockabillys – es war wirklich alles da, bis hin zum Distillery-Mann. Das war ne sehr schöne Mischung. Man kann es natürlich nie allen recht machen. Viele sind verwundert, wenn mal The Cure kommt, Joy Division oder David Bowie, aber das gehört einfach in das musikalische Ding, so wie wir’s uns vorstellen, mit rein. Wir sind eben keine Club-Party. Es gibt alte Aufnahmen, da knistert’s nun mal, und da werd ich die Hölle tun und das rausnehmen! Es gibt tatsächlich Leute, die sich an sowas stören.

Wie kamt ihr eigentlich auf den Namen Disco Hospital für Eure Party?

ELECTRIGGER: Disco erklärt sich ja von selbst, es ist ne Tanzparty. Und Hospital – naja, es ist schon irgendwo was Krankes, Morbides. Es ist keine aalglatte Party, wo die gute Laune nur aufgesetzt ist. Ich kann jetzt mal die Ansage machen: wir wollen keine Tussen und wir wollen keine anabolikagestärkten Typen dort haben. Es wäre schön, wenn die Leute sehen: Da ist ne Plattform, da wird ne Party gemacht, wo vielleicht auch wirklich was geht.

Gibt’s Sachen, die Ihr nie auflegen würdet, obwohl sie vielleicht manchmal gewünscht werden?

ELECTRIGGER: Ja, absolut. Wenn ich auflege, passiert schon ne Abgrenzung von Sachen, die woanders überall laufen, zum Beispiel diese nachgemachten Dance-Punk-Geschichten. Wir spielen nicht unbedingt Franz Ferdinand und ähnliches, denn ich sag mir: Das hören die Leute in der Ilse, das hören sie wahrscheinlich in der Moritzbastei, da muss ich das auf meiner Party nicht spielen. Ich denke, die Leute, die zu uns kommen, wollen das auch nicht unbedingt. Ich hab zum Beispiel als Zugeständnis bei der ersten Party The Hives gespielt und gemerkt, dass das eigentlich gar nicht sein muss, denn die Leute haben sich eher weniger gängige Sachen gewünscht. Wir spielen vielleicht mehr das, was noch nicht so bekannt ist.
ZACKER: Was mir ganz wichtig ist: Ich spiele keine anonymen Mischmasch-Mixe, die das Original verfälschen und alle gleich klingen. Und was wir beide auch gar nicht spielen, sind diese Neu-Deutsch-Bands wie Wir sind Helden, Juli, 2raumwohnung, und wer sich Mia wünscht, kann sofort wieder abdrehen. Das sind Fakebands, die haben keine Aussage mehr.

Auf jeder Disco-Hospital-Party spielt auch immer ein Live-Act – der nächste ist am 6. Mai Brockdorff Klanglabor. Was erwartet Eure Gäste?

ELECTRIGGER: Brockdorff Klanglabor ist ne Leipziger Band, von der wir beide sehr überzeugt sind, die talentiert sind und gute Arrangements haben. Sie thematisieren auch Leipzig in ihren Texten, aber nicht auf die Art, mit der etwa Mia mit Berlin umgeht. Es geht auch um einen gewissen Entertainment-Faktor, und den hat Brockdorff Klanglabor genau wie Taylor Savvy, der auf unserer ersten Party gespielt hat. Die Leute sollen eben auch was zu gucken haben. Das Schlimmste ist, glaub ich, wenn man zwei Leute hat, die hinterm Laptop stehen und nur ihre Regler schieben. Das machen wir als DJs ja schon, und wenn der Live-Act das auch machen würde, wär’s langweilig.

Disco Hospital presented by DJ Electrigger & Zacker
Live-Act: Brockdorff Klanglabor

Markranstädter Straße 4
04229 Leipzig
www.disco-hospital.de

Freitag, 6. Mai 2005, ab 22 Uhr, Superkronik

Bilder:
Flyer Disco Hospital
DJ Electrigger (links) und DJ Zacker (Foto: Dominik Sroka)
Live-Act am 6. Mai, Brockdorff Klanglabor
Gäste bei der ersten Disco-Hospital-Nacht


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