Hurra, Euphorie!

Vergeßt die Beatles: Das neue Album von Indie-Rock-Gruppe Olli Schulz und der Hund Marie ist veröffentlicht

Man weiß gar nicht, wer besser ist: Olli Schulz oder sein Label

Es muss wohl an der Musik liegen – warum sonst haben alle vom Grand Hotel van Cleef immer, wenn man etwas von ihnen liest, so schöne, gute Laune? Wenn Thees Uhlmann, also das personifierte GHvC, über Olli Schulz schreibt, klingt das zum Beispiel so: „Dieser Mensch hat eine Strahl- und Anziehungskraft von mehreren schwarzen Löchern und wir sind nur zerquetschte willige Sterne seiner Chuzpe, seiner Aura, seinem Ollis-Schulz-Sein!“ oder „Das große an Olli Schulz ist, dass er den Spagat zwischen einem norddeutschen, hysterischen Jürgen von Manger und einem älteren, trockenen Connor Oberst schafft.“ So schreibt keiner, der nicht wirklich verliebt ist (mindestens in die Musik). Dagegen schreibt etwa Universal Music über einen ihrer gutmenschlichsten Gangster: „NELLY ist als mitfühlender Künstler bekannt, der sich für die sozialen Belange seiner Mitmenschen einsetzt. „N Dey Say“ befasst sich textlich mit Müttern, deren Ehemänner im Gefängnis sind, Menschen auf der Straße oder dem unerbitterlichen Gangleben. NELLY verpackt es wie immer so, dass es jeden berührt und bewegt.“ Also lieber zurück zu Olli Schulz & der Hund Marie.

„Das beige Album“ – allein schon der Titel des zweiten OS&dHM-Albums (das erste, einprägsam betitelt mit „Brichst du mir das Herz, brech ich dir die Beine“, erschien 2003) lässt Großes ahnen. Wer schon immer das Weiße Album der Beatles zu grell und nervig aus dem Plattenschrank leuchtend fand, kann sich jetzt dieses tatsächlich dezent beige dort hineinstellen. Eine Entscheidung, die man sicher nie bereuen wird, sofern das Herz mindestens ein ganz kleines bisschen für Gitarrenpop schlägt. Von „Der Film beginnt“ bis „Klappskalli“, von countryesk klimpernden bis dicht an die Grenzen des Hymnischen vorrückenden Liedern kriegen die Käufer (denn Grand-Hotel-van-Cleef-Musik aus dem Netz zu ziehen ist wie bei Festivals Bier aus Zelten zu klauen – moralisch zu verurteilen) des beigen Albums alles, was sie für einen schönen Morgen, Mittag und/oder Abend mit Musik brauchen.

Typische Olli-Schulz-Zeilen sind zum Beispiel: „Selten warst du nur du selbst, meistens warst du jemand anders – jemand, der so tat, als wäre er du.“ (Spooky Girlfriend, außerdem die schönste Melodie auf dem Album), „Weil du dem Leben trotzt, tanzt du den Discofox. Komm, stell dich in die Mitte, alte Plastiktüte!“ (Dann schlägt dein Herz), „Was hastn da unterm Pulli an? Das Pyjamaoberteil kenn ich doch. Sach mal, du, du bist doch, du bist doch Bettmensch! Krieg ich’n Autogramm?“ (Das allerletzte Date), und, ein Satz für die Ewigkeit: „Bleib bei mir, Affenbär, mit dir ist alles doppelt gut.“ (Affenbär). Dass diesen Zeilen würdige Melodien dazugeliefert werden, gibt einen weiteren Pluspunkt für Schulzens Olli und seinen Hund, der in Wirklichkeit Max Schröder heißt und – wer hätte das gedacht – gar kein Hund ist.

Auf gewohnt unterhaltsame Art informierte das Grand Hotel unlängst im Newsletter über die Freizeitgewohnheiten seiner Mitarbeiter: „Vorgestern grillen gewesen auf einem der beiden Hochtableaus (welches 20 Minuten auf einem Damenrad gesucht wurde) im Friedrichshain Park. Neben uns junge Menschen, die ihre Schule fertig haben. Die eine Gruppe sang: „The answer is blowing in the wind“ mit Akustikgitarre, die anderen hörten über einen Autobatterie betriebenen Kassettenrekorder krachendlaut die langweiligsten R&B Hits des letzten Jahres und tanzten dazu wie in den Schmuddelvideos … alles will man sein, bloß nicht wieder jung!“ Für die Verursachung derlei traumatischer Erfahrungen, die dazu führen, dass im Grand Hotel für die Gegenbewegung gesorgt wird und man sich zum Trost das neue Olli-Schulz-Album anschafft, soll den Park-Jugendlichen hier ein Lob ausgesprochen werden.

Tracklist:
01. Der Film beginnt
02. Jetzt gerade bist Du gut
03. Spooky Girlfriend
04. Dann schlägt Dein Herz
05. Die Ankunft der Marsianer
06. Das allerletzte Date
07. Bettmensch
08. Schon lange was defekt
09. Affenbär
10. Keine Zeit zu bluten
11. The Message
12. Human of the Week
13. Klappskalli

Olli Schulz & der Hund Marie

Das beige Album
Grand Hotel van Cleef

Foto: © Felix Gebhard

VÖ: 27.06.2005

http://www.ghvc.de/

http://www.olli-schulz-online.de/


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