Umsatzeinbußen im Delikatessgeschäft

Die 5. Filmkunstmesse thematisiert den Besucherrückgang

Zumindest die Messe war ein Erfolg. Die Filmkunstmesse Leipzig, die vom 12. – 16. September in den Passage-Kinos, der Schaubühne Lindenfels und in der Alten Handelsbörse tagte, konnte in diesem Jahr ihr fünfjähriges Jubiläum feiern. Man merkte ihr an, dass sie erwachsen geworden ist, sie eine Form und einen Umfang angenommen hat, die sie als bundesweiten Branchentreff für Programmkinobetreiber und Verleiher unentbehrlich und zugleich überschaubar und effizient macht. 400 Fachbesucher waren es noch im Jahr 2001. Heute sind es 850 und 4000 Kinozuschauer in den allabendlichen öffentlichen Vorführungen. Der Charme, zahlreiche Filme weit vor Bundesstart sehen zu können und oftmals in Anwesenheit ihrer Macher, ließ die Filmkunstmesse längst zu einem Leipziger Event werden. Aus Sicht der Fachbesucher scheint das Konzept ebenso aufzugehen. Nach den Vorführungen wird intensiv über Marketingkonzepte einzelner Filme diskutiert, dazwischen und während der Abendveranstaltungen gibt es reichlich Gelegenheit sich auszutauschen, und in den morgendlichen Seminaren wird einzelnen Aspekten genau auf den Grund gegangen: dem digitalen Kino, dem Kinder- und Jugendkino und anderen.

Und doch lastete auf der diesjährigen Veranstaltung eine Sorge, die nur schwer mit Optimismus überdeckt werden konnte. Die Branche kämpft mit einem eklatanten Rückgang der Besucherzahlen. Besonders betroffen sind die Programmkinos, eben jene, die sich dem Arthouse verschrieben haben, den Filmen fernab von Hollywood. Laut einer neuen FFA-Studie war 2003 im Vergleich zum Vorjahr ein Besucherrückgang von 12 Prozent zu vermerken, 2004 hatte sich die Situation ein wenig erholt. Doch in diesem Jahr sind die Klagen wieder groß und apokalyptische Aussichten machen sich breit.

Glaubt man den großen Filmkonzernen, ist allein die Filmpiraterie daran schuld. Drum muss sich jeder, der heute im Kino Unterhaltung sucht, zunächst einmal der Demütigung durch Anti-Piraterie-Spots unterziehen, die jeden Zuschauer zum potentiellen Straftäter verdammen. Nicht gerade ein Grund mehr ins Kino zu gehen. Journalisten werden vor den Vorführungen sogar durchfilzt und – wie im Fall von Spielbergs Krieg der Welten – gezwungen, dubiose Erklärungen zu unterzeichnen. Der zweite große Feind des Kinos, glaubt man den Befürchtungen vieler in der Branche, sind die kleinen beliebten Silberscheiben – DVDs. Wer mag heute schon noch viel Geld fürs Kino ausgeben, wenn daheim der Breitbildfernseher oder Beamer mit Dolby-Surround-System wartet? Welchen Sinn und Zweck hat überhaupt noch Kino? Ist es womöglich nur noch die Werbetrommel für die spätere DVD- und Fernsehauswertung?

Beim Runden Tisch zur aktuellen Lage des unabhängigen Kinos hörte man Gründe und Auswege noch und nöcher. Zu viele Filme würden zum selben Starttermin den Markt überschwemmen, überhaupt gäbe es zu viele Filme. Wer aber soll Richter spielen, ob Filme des Kinos würdig sind? Nicht selten hörte man das Argument der Qualität. Sind die Filme in diesem Jahr etwa zu schlecht? Dagegen spricht allein ein kurzer Blick ins Filmprogramm der Filmkunstmesse. Die Delikatessläden, wie die Programmkinos im Laufe der Diskussion stolz, aber zugleich spitzzüngig tituliert wurden, haben überdies mit ganz spezifischen Problemen zu kämpfen, so eine Studie der Rinke Medien Consult. Ein bis zu 75 Prozent niedrigeres Betriebskostenergebnis würden sie erzielen. Allein durch den häufigeren Wechsel der Filme würden höhere Transportkosten anfallen. Als Folge müssten die Filmmieten gesenkt, die Eintrittspreise erhöht und das Marketing verstärkt werden. Ohnehin seien die Medien am eigentlichen Schlamassel schuld, hieß es von anderer Seite. Sie würden Filmen immer weniger Platz einräumen. Pragmatische Lösungsvorschläge zielten auf den Verkauf von DVDs und Soundtracks direkt an der Kinokasse.

Offen blieb allerdings wieder einmal die elementare Frage, die Moderator Knut Elstermann schließlich stellte: Brauchen wir eine andere Film- und Kinokultur? Tatsächlich ist Film noch immer die verpönte Kunst und an den Schulen bis heute kein Thema. Wird sich hieran nichts ändern, bleibt immer ein kleiner Wermutstropfen – trotz einer gelungen Filmkunstmesse.

5. Filmkunstmesse Leipzig
12. – 16. September 2005
Schaubühne Lindenfels, Passage-Kinos

Foto: © WÜSTE Film
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