„Well that was easy”

„You could have it so much better“: Das neue Album von „Franz Ferdinand” ist da

Die Wunderkinder des Rock sind wieder zurück! Liam Gallagher wird sich neue Unflätigkeiten einfallen lassen müssen, denn Glasgows bester Musikexport seit Mogwai schickt sich an, die Alleinherrschaft im britischen Sektor zu übernehmen. Es ist beinahe unheimlich: Franz Ferdinands selbstbetiteltes Debütalbum katapultierte die Band vor anderthalb Jahren in die höchsten Gefilde des alternativen Musik-Business. Auch wenn sie noch nicht, wie weiland Oasis, vor einem hunderttausender Publikum am schottischen Loch Lomond auftraten, so füllen sie in dieser Saison doch spielend die großen Konzerthallen. Und legen mit ihrem zweiten Album die Meßlatte für alle „next big things“ deutlich höher.

Dabei gelingt es der Gruppe um den deutsch-affinen Sänger und Ex-Kunststudenten Alex Kapranos, Massenpublikum und Kritik, Rockliebhaber und künstlerische Avantgarde gleichermaßen in Entzückung zu versetzen. Das Debütalbum verkaufte sich charttauglich, Dior-Designer Hedi Slimane entwarf Teile seiner jüngsten Kollektionen zu Franz-Ferdinand-Songs, Regisseur Michael Winterbottom verhalf der Band zu einem Auftritt in seinem letzten, höchst umstrittenen Film „Nine Songs“. Das Feuilleton titelt in diesen Tagen anlässlich der Veröffentlichung des neuen Albums gleich im Dutzend „Superfantastisch“ – in plumper Anlehnung an eine deutsche Textzeile auf dem Debüt der Band und in ihrer Hilflosigkeit, dem Erfolg dieser seltsam unaufgeregten Gruppe gerecht zu werden. Franz Ferdinand pflegen Extravaganzen nur, sofern diese helfen, ihre mitreißende Musik zu transportieren – beim Artwork oder öffentlichen Auftritten. Der Gestus von Rockstars ist ihnen fremd. Auf zum zweiten Streich, also! Auf dem Opener des zweiten Albums, „The Fallen“, pumpt es einem wieder in bekannter Manier entgegen. Rockig, basslastig und extrem tanzbar, dazu die immer etwas nasal gehaltene Diktion von Sänger und Lead-Gitarrist Alex Kapranos. „Do you want to“, die vorab veröffentlichte Single, nimmt diesen Faden auf und lässt zum ersten Mal die für Franz Ferdinand typischen Tempiwechsel erkennen – zum Schlussakkord steigert sich der Song unter frenetischen „You’re so lucky, lucky, lucky, lucky!“ Der Hörer kann es nachfühlen. In diesem Stil geht es vorerst weiter, wobei kein Song nach Wiederholung, kein Refrain eintönig klingt. Wer je von den Schwierigkeiten einer Hype-Band sprach, dem furiosen Debüt einen ausgereiften Zweitling folgen zu lassen, hat dies die vier jungen Männer aus Glasgow nicht wissen lassen. Sie machen so weiter, als hätte es den Erfolg des ersten Albums nicht gegeben. Dabei sind sie beinahe spielerisch in der Lage, auch einmal ruhigere Töne anzuschlagen. „Walk away“ ist eine leicht melancholische „Mid-Tempo-Nummer“, doch auch ihr verleihen Franz Ferdinand eine ganz eigene Note. Nichts klingt bemüht.

Mit „Eleanor put your boots on“ und „Fade together“ gelingen Kapranos & Co. fast schon klassische Balladen und der geneigte Hörer stellt eine besondere musikalische Referenz der Band fest. Finden sich auch auf dem neuen Album einige Songs, die den Geist so unterschiedlicher Musik-Giganten wie The Clash, David Bowie, Roxy Music und The Smiths auf originelle Weise zitieren, so gerät vor allem „Eleanor put your boots on“ zu einer der besten Beatles-Balladen, die die Beatles nicht geschrieben haben. Das hat weniger mit „Eleanor“ (Rigby) zu tun, als mit der hochmelodiösen Leichtigkeit und einem Text, der auch Lennon/McCartney nicht besser eingefallen wäre: „Eleanor put those boots back on / kick the heals into the Brooklyn dirt / I know it isn’t dignified to run / but if you run / you can run to the Coney Island rollercoaster / ride to the highest point and leap across the filthy water / leap until the gulf stream’s brought you down“ – welch erdnahe Lyrik strahlt aus diesen Zeilen, da verzeiht man es gerne, dass die Glasgower das Piano-Intro wahlweise bei Blurs „The Universal“ oder Pulps „Help the Aged“ geklaut haben. Insgesamt stellt sich beim Hören aber der Eindruck ein, dass die Band musikalische Inspiration vor allem in der Verfremdung gängiger Rock- und Popschemata sucht – ein wenig so wie die legendären Pavement, aber getrieben von einem urbritischen Geist. „Fade together“ bietet wenig später noch einmal doppelbödig Besinnliches, bevor „Outsiders“ kraftvoll und mit Ska-Einschlag diese popmusikalische Tour de force beendet.

Dreizehn neue Songs und kein Ausfall, so lautet das Fazit dieses ausgesprochen guten Albums, das Franz Ferdinand noch stärker als Lieblinge von Kritik und Publikum etablieren wird, und das ihnen scheinbar mühelos von der Hand gegangen ist: „Well that was easy“, um es mit einem weiteren Songtitel des neuen Albums zu sagen.

Tracklist:
1) The Fallen
2) Do you want to
3) This Boy
4) Walk away
5) Evil and a Heathen
6) You’re the reason I’m leaving
7) Eleanor put your boots on
8) Well that was easy
9) What you meant
10) I’m your villain
11) You could have it so much better
12) Fade together
13) Outsiders

Franz Ferdinand: You could have it so much better

Domino Records

www.franzferdinand.co.uk



Kommentar hinterlassen

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.