Japanisches Maskentheater im Leipziger Grassimuseum (Carolina Franzen)

Giiiiiii Ooooo Nnnnnn – Weltkulturerbe kann auch gewöhnungsbedürftig sein

Kulturell globalisierte neulich auch das Grassimuseum. Am 15. Dezember im Abendprogramm: Hei-kyoku mit Suda Seishu an der Biwa, Kojima Shôji mit Tanz, Sakurama Ujin als Shite, sowie Suda Seishu als waki im Nô.

Die Veranstaltung begann mit Musik. Zwischen langen Pausen riefen, sangen, und, ja, man möchte fast sagen, krächzten zwei japanische Männer abwechselnd Einsilber wie „Giiiiiii Ooooo Nnnnnn“. Hin und wieder schlugen sie dazu auf ihre Trommeln. In der Mitte der Bühne stand ein Mann mittleren Alters, Kojima Shôji in langem schwarzen Rock. Das Gesicht verzerrte er schmerzvoll, ein wenig bewegte er seine Finger; bedeutungsschwangere erste 10 Minuten.

Im zweiten Gang bot man nun etwas leichtere Kost: Flamenco ? la Japanaise (die Mimik weiter schmerzverzerrt). Zwei androgyne japanische Jünglinge stampften und schlugen dazu mit Holzstecken rhythmisch variierend auf den Boden. Ob der Tanz den Rhythmus oder der Rhythmus den Tanz überbot – ein eindrucksvolles Zusammenspiel zeigten die japanischen Darsteller den Leipzigern in jedem Fall. Nicht umsonst hat Shôji mit seinem Flamenco in den 70ern in Spanien Berühmtheit erlangt.

Im dritten Gang folgte erneut Gesang mit Biwa-Musik, d.h. ein Spiel auf der japanischen Laute. Wir Banausen! Die japanischen Klänge erinnerten das ungeübte deutsche Ohr an Filme wie „Hero“ oder „Tiger and Dragon“. Doch nicht ganz zu Unrecht, denn blinde Biwa-spielende Mönche, wie sie in diesen auftreten, waren viele Jahrhunderte lang in Japan Tradition (ob mit Kampf oder ohne sei dahingestellt).

Nach einer Pause wurde der angepriesene Höhepunkt dargeboten: das Nô. Doch dieses mittelalterliche Maskentheater blieb auch nur ein Häppchen für den Feinschmecker. Das Nô ist eine so streng stilisierte Oper, dass es trotz übersetztem Text für den Bewohner hiesiger Breitengrade nicht leicht verdaulich ist, Weltkulturerbe hin oder her. Bei dem dazugehörigen Flötenspiel hätte sich Loriot bestimmt an das Weihnachten erinnert, an dem die kleine Schwester ihre erste Blockflöte geschenkt bekam. Ein vielschichtig kostümierter und maskierter Schauspieler/Sänger, Sakurama, blieb der einzige Protagonist, der sich hin und wieder langsam im Kreis bewegte. Etwa in der Mitte des Stückes breitete er dann seinen Fächer aus und, weiterhin kreisend, hielt Ujin diesen manchmal anklagend in unterschiedliche Richtungen.

Applaus, Ende der Leipzig-Japan Globalisierung. Man spürte, dass Japan kulturell eben noch kein Nachbar wie Frankreich ist. Bezüge, die einem das Verständnis erleichtert hätten, blieben an diesem Abend zu rar. Allerdings darf man zur Verteidigung anbringen: die Banausen würden auch in Japan aus dem Boden sprießen, brächte man dort den mittelhochdeutschen Minnesang auf die Bühne. Oder?

(Carolina Franzen)

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