Schwarz-Weiß in Farbe: Verdis „La Traviata” wiederaufgeführt (Carolina Franzen)

Giuseppe Verdi: La Traviata
Musikalische Leitung: Paolo Arrivabeni
Inszenierung: Andreas Homoki
Bühne: Frank-Philipp Schlößmann
Kostüme: Gabriele Jaenecke
Choreinstudierung: Anton Tremmel

Chor der Oper Leipzig
Gewandhausorchester

Aufführungsdauer: 2 Std. (keine Pause)

Die Kurtisane Violetta Valéry: Fiorella Burato
Ihr Geliebter Alfredo Germont: Tiberius Simu
Alfredos Vater Giorgio Germon: Andrzej Dobber / Aris Argiris (28.01.06)


Schwarz-Weiß in Farbe: „La Traviata“ erneut im Opernhaus

Reinszeniert kommt Giuseppe Verdis „La Traviata“ in Schwarz-Weiß auf die Leipziger Opernbühne. Farblos ist die Wiederaufnahme allerdings keineswegs, und das Leipziger Premierenpublikum bejubelt die Inszenierung von Andreas Homoki zum zweiten Mal.

Eigentlich ist die Hauptfigur in Verdis „Traviata“ eine Hure. Nur spielt sie auf höherem Niveau – sie ist Kurtisane. Eine Kurtisane, die die wahre Liebe findet, sich deshalb den grausamen Konventionen der Gesellschaft unterwirft, und dadurch als Heilige zugrundegeht. Ein Skandal. Um so mehr, da Verdis Melodram auf einer wahren Geschichte seiner Zeit basiert. Denn als Vorlage der „Traviata“ dient Alexandre Dumas „Kameliendame“, welche wiederum den Pariser Eklat um die Kurtisane Marie Duplessis von 1840 aufgreift.

Marie Duplessis heißt in Verdis Umsetzung nun Violetta Valéry. Sie ist „La Traviata“, die Kurtisane, und wird von der italienischen Sopranistin Fiorella Burato glänzend intoniert. Gespielte Heiterkeit in feucht-fröhlicher Gesellschaft macht Burato als Violetta durch gesangliche Übersteigerungen deutlich. Kräftig-enthusiastisch feiert sie die Liebe und das Glück, während Schwäche und Schmerz spürbar werden, wenn sie den trefflichen Opernchor scheinbar kaum mehr zu übertönen vermag. Die zierlich-schlanke Erscheinung Buratos unterstreicht zudem ihre Rolle der kranken Schönheit.

Schuld an Violettas Unglück ist in erster Linie der Vater ihres Geliebten, Giorgio Germont. Dieser kann sie als Schwiegertochter nicht akzeptieren, da ihr unachtbarer Stand die gesamte Familie Germont belasten würde, und bringt Violetta dazu, die Verbindung mit seinem Sohn zu lösen, ohne ihn über die eigentlichen Gründe aufzuklären. Andrzej Dobber beeindruckt in dieser Vaterrolle vor allem durch Kraft und Volumen seiner Stimme, die er gekonnt, manchmal einfühlsam, meist aber streng-bestimmt, einzusetzen weiß. So wie Dobber bereits als Rigoletto, Amonsaro und Macbeth an der Leipziger Oper gefeiert wurde, wird er auch jetzt als Giorgio gebührend bejubelt.

Als Violettas Geliebter Alfredo hat es der rumänische Tenor Tiberius Simu zwischen Burato und Dobber etwas schwer. Qualitativ einwandfrei, bleibt er in Intonation und Variation seiner Partien hinter dem Facettenreichtum seiner Mitstreiter ein wenig zurück. Violetta stirbt am Ende in Alfredos Armen, dabei ist das Happy End zum Greifen nah, denn auch Vater Giorgio erkennt im Laufe der Handlung Violettas Ehrbarkeit und will dem Glück seines Sohnes nicht mehr im Weg stehen.
Das Gewandhausorchester zeigt die Stimmungsvielfalt dieser Oper unter der Leitung von Paolo Arrivabeni.

„La Traviata“ ist symbolträchtig schwarz-weiß inszeniert. Im Gegensatz zu der einfallsreichen und gleichsam spartanischen Bühne stehen die schwarz-weißen Roben des Chors, die an die Mode des 19. Jahrhunderts angelehnt sind. Eine Deutung des Sujets oder Übertragung in die Gegenwart wird dem Betrachter dadurch leider nicht nahegelegt. Man empfindet helle und dunkle Stimmungen in der Leipziger „Traviata“, man fühlt sich ein in die schwarz-weiß denkende Gesellschaft einer Zeit, die nicht so weit entfernt ist von dem scheinbar bunten Gewimmel unserer Gegenwart; diese Inszenierung ist kein Aufsehen erregender „Maskenball“, dafür aber stimmungsvolles Opernvergnügen für einen gelungenen Abend.

(Carolina Franzen)

Weitere Termine:
Montag, 26.12.2005 – 15:00 Uhr

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