Alles was ich an Euch liebe
Spanien/Argentinien/Portugal/Großbritannien 2004, 89 Min
Regie: Teresa de Pelegri & Dominic Harari
Darsteller: Norma Aleandro, Guillermo Toledo, Maria Botto89 Minuten
Start: 13. Oktober 2005
Fotos: ArsenalEine schrecklich nette Familie
oder wie kulturelle Differenzen
kinderleicht ausgeräumt werden können
Eine spanisch-britisch-portugiesisch-argentinische Produktion, die eine jüdisch-palästinensische Beziehung zum Thema hat, mag auf den ersten Blick ein wenig seltsam anmuten. So universell sich die am Film beteiligten Nationen präsentieren, so universell und wenig spezifisch stellt sich auch die Handlung dieser rabenschwarzen Komödie dar.
Rafi und Leni lieben sich und sind ein Paar. Das Problem: Rafi, Professor an der Universität von Barcelona, ist Palästinenser, Leni ist Jüdin. Es wird höchste Zeit, dass Rafi die Familie seiner zukünftigen Frau kennen lernt, doch Lenis Familie ahnt noch nichts von ihrem neuen Familienmitglied und vor allem nichts von dessen Herkunft. Zwar ist die Familie weit davon entfernt, das Klischee einer streng gläubigen, jüdischen Familie zu bestätigen, seine Macken und Vorurteile hat jedoch jeder einzelne Charakter dieser skurril inszenierten, exzentrischen Familie.
Lenis frustrierte Mutter hält sich mit Antidepressiva bei Laune, ihr Bruder David steckt in der Pubertät und hat gerade – auf der Suche nach sich selbst – das orthodoxe Judentum als Lebensphilosophie entdeckt. Lenis Schwester kann die Finger nicht von fremden Männern lassen, obwohl sie schon eine kleine, trotzige Tochter zur Welt gebracht hat. Obendrein wohnt auch noch Großvater Dudu in der kleinen Wohnung, der, trotz einiger körperlicher Einschränkungen, einiges zum turbulenten Familienleben beizutragen hat. Fehlt nur noch der geliebte Papa, das Oberhaupt der Familie, der seine Freizeit lieber an seinem Arbeitsplatz verbringt – und mit dem das komplette Desaster des Films seinen Lauf nimmt.
Der ohnehin schon nervöse Rafi wird zum Auftauen einer Suppe in die Küche geschickt. Der gefrorene Klotz entgleitet ihm und fällt vom hohen Stockwerk aus dem Fenster. Unten auf der Straße angekommen entdeckt Rafi, dass der überdimensionale Eiswürfel einen Mann am Kopf getroffen hat, der reglos am Boden liegen bleibt. Außer Leni erfährt niemand von dem Vorfall, und diese ist natürlich darauf bedacht, dass das so bleibt. Von nun an hat sich der gewissenhafte Rafi nicht mehr unter Kontrolle und als er beginnt darüber zu spekulieren, ob der vermeintliche Tote Lenis Vater sein könnte, beginnt ein völliges Chaos auszubrechen.
Teresa de Pelgri und Dominic Harari erzählen keine speziell palästinensisch-jüdische Geschichte, sondern vielmehr eine allgemeingültige Geschichte über die Liebe zwischen unterschiedlichen Kulturen. Mit teilweise bitterbösem, schwarzem Humor räumen sie mit kulturell bedingten Klischees und Vorbehalten auf und schaffen es – wenn auch zeitweise nur knapp – dem Abgleiten in den Klamauk zu entgehen. Der Film lebt von der Lebendigkeit und phasenweisen Hektik, die durch ein beeindruckendes Spiel der Darsteller, sowie dem Stilmittel der Handkamera verstärkt werden.
Die rapiden Dialoge sitzen fast immer und treffen den sarkastischen Ton des Films, auch wenn man als Zuschauer so einige Male das dringende Bedürfnis verspürt in die Leinwand einzutauchen und ein wenig mehr Ruhe in das Familientreiben zu bringen. Genau das will der Film aber nicht. Vor kostengünstiger, weil spärlicher Kulisse, wird ein Feuerwerk an komischen Situationen und makabren Dialogen abgebrannt, denen sich der aufgewühlte, aber immer gut unterhaltene Kinogänger hingeben muss. Amüsant und kurzweilig zeigt „Alles was ich an Euch liebe“ wie überflüssig die existierenden Barrieren in den Köpfen vieler Menschen sind und wie lustig die Liebe zwischen unterschiedlichen Kulturen sein kann.(Florian Fromm)
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