Hauffs „Kalif Storch” in der Inszenierung von Wolfgang Engel (Moritz Ostertag)

„Kalif Storch“ (Wilhelm Hauff)

Regie: Wolfgang Engel
Bühne und Kostüme: Ines Hertel
Musik: Thomas Hertel

Schauspielhaus Leipzig
15. Dezember 2005

Aus der Vogelperspektive

Für seinen ersten „Märchen-Almanach“ musste sich Wilhelm Hauff ausschließlich auf seine eigene Vorstellungskraft verlassen. Die Reisen seines kurzen Lebens beschränkten sich auf Frankreich und die Niederlande; dennoch spielt ein Großteil seiner Geschichten im Orient, ohne dass Hauff diesen Erdteil jemals gesehen hätte.

Ein schöneres Morgenland, als es in der Inszenierung seines Märchens „Kalif Storch“ im Leipziger Schauspielhaus präsentiert wird, hätte er sich jedoch wohl kaum ausmalen können: Sonnendurchflutete Paläste, staubige Marktplätze, Dachgärten und sogar ein Ozean im Sturm werden eins nach dem anderen auf die Bühne gezaubert, dass dem Zuschauer kaum Zeit bleibt, sich an einer der prachtvollen Kulissen sattzusehen.

Die Geschichte des Kalifen von Bagdad und seinem Großwesir, die sich durch unachtsamen Gebrauch eines Zauberpulvers in Störche verwandeln, wurde einer angenehmen Frischzellenkur unterzogen: Ohne sich zu sehr an die Zielgruppe anzubiedern, lockert junger Jargon die streckenweise etwas steifen Dialoge des Verfassers auf, eine Liebesbeziehung zwischen dem Kalifen und der indischen Prinzessin Lusa, die durch denselben Zauber in eine Eule verwandelt wurde, gibt der Geschichte einen emotionalen Hintergrund und die eingebaute Situationskomik wirkt ohne Flachheit oder Infantilität.

Mit enthusiastischen Schauspielern, einem mitreißenden Erzähltempo sowie nicht zuletzt einem schier unerschöpflichen Repertoire farbsatter Kulissen vergehen 90 Minuten wie im Flug. Wilhelm Hauffs Geschichte wurde erfrischend unkompliziert und ohne erhobenen Zeigefinger auf die Bühne gebracht.

(Moritz Ostertag)

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