„Between two worlds”

Hollywood Sound in Leipzig

Filmmusik mit dem ältesten deutschen Konzertorchester, der heutige Gastdirigent John Mauceri widmet sich mit dem Gewandhausorchester bereits zum siebenten Mal dem „Hollywood-Sound“. Mauceri erläutert in gutem Deutsch, dass der Titel des Films „Between two Worlds“ von 1944 gleichsam Programm des heutigen Abends sein kann. Filmmusik im Spannungsfeld zwischen E- und U-Musik.
Mit Erich Wolfgang Korngolds Musik aus „Between two Worlds“ beginnt das Programm. Der beinahe ausverkaufte Saal versinkt in einem riesigen Klangapparat. Lichtshow und Nebelmaschine sollen den fehlenden Film ersetzen. Fulminante Streicherfiguren plus einem sehr hohen Blechanteil öffnen die Tore zur Traumfabrik Hollywood. Danach die Ouvertüre aus „Der fliegende Holländer“, verblüffend wie nahe die spätromantischen Haltung Richard Wagners dem aus der Wiener Klassik kommenden, später für Hollywood komponierenden Korngold kommt. Mit Genuss treibt Mauceri einen gewaltigen Streicherklang – das tosende Meer voran, fanfarenhaft dazwischen ein reich instrumentierter Blechsatz. Im Vergleich mit Korngolds weitläufigen Assoziationen wirkt Wagners Komposition hier etwas eindimensional. Eine duale Struktur aus leisen Flötenthemen und dem vom Blech bestimmten Orchesterapparat. Das Gewandhausorchester gibt sich noch zurückhaltend und reserviert, auch im folgenden Violinenkonzert von Erich Wolfgang Korngold vermisst man die sonst gewohnte Präsenz des Klangkörpers. Korngolds Stück ist deutlich geprägt von seiner intensiven Beschäftigung mit Filmmusik. Mehrere Themen hat er direkt aus seinen Filmmusiken übernommen. Das Soloinstrument monologisiert über weite Strecken, zum Gefallen des sichtlich „sein“ Leipziger Publikum genießenden Frank-Michael Erben. Leidenschaftlich meistert er die hohen Anforderungen der assoziativen Musik.

Der zweite Teil beginnt mit einem Filmklassiker: Musik aus der „Meuterei auf der Bounty“ mit dem jungen Marlon Brando. Schmerzlich vermisst man jetzt Bilder. Die unbeholfen über die dunkle Holzvertäfelung des Gewandhauses wandernde Vignette eines Schiffes verstärkt die Frage nach einer Projektion von Originalausschnitten nur noch mehr. Mit Paukenschlägen beginnt die Musik Bronislau Kapers. Trompeten bahnen sich einen Weg durch einen schwelgenden Orchesterklang. Wenn man jetzt die Augen schließt, sieht man die tosenden Wellen des Ozeans und die dahinschießende Bounty. Im zweiten Teil dann ausgelassene Melodien: Matrosen treffen auf Mädchen. Marlon Brandos blitzende Augen in dieser Szene: eine der unvergesslichsten Momente der Filmgeschichte. Einen Höhepunkt lokaler Musikgeschichte gibt dann Leipzigs bekanntester Neutöner Steffen Schleiermacher mit einem ausgelassenen Vortrag am Akkordeon.
Langsam kommt nun auch das Gewandhausorchester in Fahrt, nach der breiten Musikdichtung zum Kultfilm „Star Trek – The Movie“ von Jerry Goldsmith und effektschwerer Musik von Franz Waxman zu „Dr. Jekyll and Mr. Hyde“ endet das Programm mit dem Altmeister der Symbiose von E- und U-Musik George Gershwin. Das Orchester wird noch mal um Klarinetten und Saxophone erweitert. Und jetzt endlich lösen sich die Gesichter der allzu ernsten Gewandhausmusiker. Nach den ersten rauchigen Melodien des Saxophons ist der Bann gebrochen. „Shall we dance?“ mit Fred Astaire und Ginger Rogers in den Hauptrollen ist ein mitreißendes Filmmusical. Langsam kommt Bewegung auf die Bühne, leidenschaftlich musizierend ist das Orchester auch körperlich von der Vitalität des Stückes eingenommen und wiegt sich zur Tanzmusik. Tosender, verdienter Applaus am Ende eines unterhaltsamen Abends.

„Zwischen zwei Welten“

Gewandhausorchester
Dirigent: John Mauceri
Solist: Frank-Michael Erben, Violine

Erich Wolfgang Korngold (1897-1957)
Musik aus dem Film „Between two Worlds“

Richard Wagner (1813-1883)
Ouvertüre aus „Der Fliegende Holländer“

Erich Wolfgang Korngold (1897-1957)
Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 35
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Bronislau Kaper (1902-1983)
Musik aus „Meuterei auf der Bounty“
(Arrangement von John Mauceri/Europäische Erstaufführung)

Jerry Goldsmith (1929-2004)
Sinfonische Suite aus „Star Trek – The Movie“
(Europäische Erstaufführung)

Franz Waxmann (1906-1967)
Musik aus „Dr. Jekyll and Mr. Hyde“
(Europäische Erstaufführung)

George Gershwin (1898-1937)
„Watch your Step“ – Schlussballett aus „Shall we dance“
(Europäische Erstaufführung)

Samstag, 14. 1. 06, 20.00 Uhr, Gewandhaus Leipzig – Großer Saal

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