Literatur in Leipzig zum Jahresanfang (Grit Kalies)

Lesungen von Raoul Schrott (27.1.06), Norbert Hummelt, Marcel Beyer (beide 2.2.06), Remco Campert (3.2.06), Elmar Schenkel, Volker Ebersbach (beide 24.1.06) und Thomas Böhme (9.2.06) im Haus des Buches bzw. der Galerie THOMAart Leipzig

Bilder:

Elmar Schenkel liest aus „Die Schule des Vergessens“, 2002.
(Foto: Detlev Endruhn, 2006)

Mythologe Volker Ebersbach liest über Dionysos.
(Foto: Detlev Endruhn, 2006)


Als schon feststand, wer das Feuer bekommt

Wohl infolge ihres hohen Tones wirkten die Gedichte des östereichischen Autors Raoul Schrott zum Thema „Heiliges“ oft künstlich. Als wären sie nicht das Ergebnis poetischen Drangs, sondern innere Auftragswerke. So sah man sich bei der Lesung aus „Weissbuch“, Hanser, 2004 im spärlich besetzten Literaturcafé einem eher nichtssagenden Deckweiß ausgesetzt.

Dafür wurden in den Übersetzungen von Norbert Hummelt und Marcel Beyer die Verse des irischen Dichters William Buttler Yeats lebendig („Die Gedichte“, Lucherhand, 2005), nicht zuletzt der menschlichen und poetischen Qualitäten der beiden Vortragenden wegen.

Es war angenehm, den niederländischen Autor Remco Campert kennenzulernen, wenngleich sich der Roman „Eine Liebe in Paris“, Arche, 2005 als weniger subtil erwies als die tragende Plotidee hatte erhoffen lassen – immerhin wird im Roman der Autor eines Buches „Die Kunst des Vergessens“ mit einem Stück ?vergessener‘ Vergangenheit konfrontiert.

Die beiden Leipziger Autoren Elmar Schenkel und Volker Ebersbach unterhielten kurzweilig am 10. Jahrestag des Arbeitskreises für Vergleichende Mythologie (s. Fotos).

Und schließlich eine Überraschung in der hellen, zur Galerie TOUMAart umfunktionierten Altbauwohnung in der Hauptmannstraße: angenehme Atmosphäre, Wein, belegte Brote, selbstgebackener Kuchen, Wasser umsonst (was spätestens hier honoriert werden soll) – und im Lesezimmer kein Platz frei. Nicht wenige der etwa fünfzig Gäste lauschten der Lesung aus dem Nebenraum.

Eine kurze Rede des Künstlers Michael Thouma zu seiner Ausstellung „Jenseits der Zeit“ und gute Gedichte des Leipziger Autors Thomas Böhme aus dem Band „Nachklang des Feuers“, Edition Galrev, 2005:

„NICHT WIR WERDEN DAS GEDICHT VERLASSEN, das Gedicht verläßt uns.
Es wird abtreten wie ein Hutmacher, klein und gebeugt, in einen
karierten Anzug gesteckt, mit verschatteten Augen, mit
verhuschtem Gesicht. /…“


„TAGE IM TABAK DES HERBSTES
in der knisternden Luft
entzündeten sich die Worte selbst.
/…/
Wichtig war, daß es einen berührte,
und daß es Herbst in sich trug,
damals an Tagen im Tabak,
als schon feststand, wer das Feuer bekommt
und wer den Nachklang des Feuers.“


(Grit Kalies)

Kommentar hinterlassen

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.