Aufgemerkt, Frau von der Leyen: Das „Babykino” vereinbart Familie und Kultur (Madeleine Rau)

Leipziger Babykino
Schaubühne Lindenfels
www.schaubuehne.com

Bilder: Madeleine Rau
Mit dem Kinderwagen ins Kino
In der Schaubühne Lindenfels dürfen
Babys auch mal quängeln

Auf der Leinwand sieht man einen kleinen Jungen, der auf einer Wiese steht und zauberhaft seine Geige spielt. Der Film beginnt und es wird Zeit, etwas tiefer in den Kinosessel zu rutschen und zu genießen. Aber drei Reihen weiter hinten fängt ein Baby an, laut zu weinen. Ein verständnisvolles Raunen geht durch den Saal. Niemand rollt genervt mit den Augen oder ruft gar „Ruhe da hinten!“

Es ist ein Freitagvormittag und Babykino in der Schaubühne Lindenfels. Seit kurzem findet hier einmal im Monat eine Vorstellung für Eltern statt, die ihre Sprösslinge samt Kinderwagen mit ins Kino nehmen können. „Es laufen aber keine typischen Muttifilme“, betont Kinoleiter Michael Ludwig. „Die gezeigten Filme drehen sich zwar schon um das Thema Familie, sind aber auch im normalen Abendprogramm zu sehen.“

Vorbild für die Idee waren Konzepte aus Berlin und Dresden. Dort heißt das Babykino dann „Schnullerkino“ oder „Wickeltaschenkino“. Der Saal ist ein wenig heller als bei üblichen Vorstellungen, auch die Lautstärke des Films ist babygerecht leiser als sonst.

Besonders für alleinerziehende und stillende Mütter ist die neue Art des Kinobesuchs ein Segen. Denn gibt es für den Nachwuchs selbst in Leipzig fast schon ein Überangebot wie Babymassage, Babygymnastik und Pekip-Kurse, kommen Mütter hingegen zwischen Windelnwechseln, Breifüttern und anderen typischen Aufgaben kaum dazu, am kulturellen Leben teilzunehmen. „Sonst gehen wir viel Spazieren und in den Park“, erzählt Katrin Athner über den Alltag mit ihrer acht Wochen alten Louisa. „Ich könnte meine Tochter schon abends bei meinem Partner lassen. Aber dann müsste ich ja allein ins Kino gehen.“ Auch Ariane Riecker ist begeistert von der Idee. Ihren sieben Monate alten Pablo wickelt sie während der Vorstellung einfach auf dem Kassentisch vor dem Saal. „Wenn ich drei Szenen nicht sehe, verpasse ich doch nichts“, sagt sie mit einem Lächeln.

Auch die anderen Mütter sind während der Vorstellung zum Teil mehr mit ihren Kindern beschäftigt als mit dem Film. Eine trägt ihr Baby zur Beruhigung durch das Kino, eine andere füttert ein Gläschen und die nächste stillt ihr Kind einfach. Antrengung ist in den Gesichtern aber nicht zu lesen. Die Eltern genießen den Kinobesuch als willkommene Abwechslung im Babyalltag.

In Leipzig steckt das Babykino noch in den Kinderschuhen. Die Resonanz kann sich aber schon jetzt sehen lassen. So waren bei der zweiten Vorstellung schon mehr als doppelt so viele Besucher da wie zur Premiere. „Deshalb planen wir nun auch noch Wickeltisch, Gläschenwärmer und einen Krabbelteppich“, sagt Kinoleiter Michael Ludwig. „Wir denken sogar darüber nach, das Babykino demnächst auch in die Kinobar Prager Frühling zu holen“.(Madeleine Rau)

Bild 1: Pablo geht heute zum ersten Mal ins Kino. Mit seinen sieben Monaten kommt er noch kostenlos rein.

Bild 2: Mama Ariane parkt ihren Kinderwagen gleich neben sich im Kino. So kann Sohnemann Pablo (7 Monate) ein Nickerchen halten, wenn er beim Film einschläft.

Bild 3: Helene (8 Monate) hat im Kino Hunger bekommen. Die gemütliche Couch vor dem Saal nutzt Mama Annett für eine kleine Mahlzeit. Bald soll es im Babykino extra Gläschenwärmer geben.

Bild 4: Pablo (7 Monate) hat während der Vorstellung die Windel voll. Kein Problem – der Kassentisch dient als Notlösung. Einen richtigen Wickeltisch soll es aber im Babykino auch bald geben.

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