Mondlandung, weichgespült: „Frauen Helden Einsamkeit.” im Sommertheater (Tobias Prüwer)

„Frauen, Helden, Einsamkeit.
Die wahre Geschichte der Mondlandung“
Sommertheater auf der Galopprennbahn Scheibenholz
Unternehmen Bühne
Regie: Tilo Esche
Termine: 4.-14.8. & 25.8.-2.9.


Unbehagen der Geschlechter: Mond oder Mondin?

Sommertheater im Allgemeinen ist ballaststoffarm, leicht bekömmlich und lädt magenfreundlich zum Schmunzeln ein. „Frauen, Helden, Einsamkeit“ erfüllt diese Anforderungen und inszeniert „Die wahre Geschichte der Mondlandung“ auf der Pferderennbahn in einem idyllischen Rahmen, Sonnenuntergang inklusive.

Man schreibt das Jahr 1969. Die heiße Phase im Kampf um den Mond ist eingeläutet. Astronauten oder Kosmonauten, wer wird obsiegen und zuerst den Fuß auf den Erdtrabanten setzen? Die NASA ist siegesgewiss, Apollo 11 startklar. Alleinig die Besatzungsfrage bereitet Probleme, es herrscht Personalmangel. Da alle guten Kräfte verhindert sind, wird die C-Garde reaktiviert. Das berufene Trio scheint wenig heroisch: Der eine verkauft Versicherungspolicen und will der Eigenheimidylle entfliehen, der zweite ist Pestizidpilot und sucht Urlaub von Frau und Schwiegermutter, während der dritte endlich seiner Höhenangst beikommen möchte. Kein Gespann für Heldentaten, treten sie aber alle die Mission an, natürlich „für Amerika“. Schließlich erhebt sich die Rakete gen Himmel, doch stimmen die Zielkoordinaten?

Die Apollo-Mission dient im Stück als origineller Aufhänger, quasi Startampe, für’s unernste Spiel um ein buntes Vielerlei. Werden eher beiläufig Zufall und Unfreiwilligkeit der Heldengenese thematisiert und mit einer Prise Skepsis an Medienkonstrukten und Sensationslust gepaart, ist letztlich mit dem Titel „Frauen, Helden, Einsamkeit“ das eigentliche Problemfeld schon klar umrissen. Es geht natürlich um die existentiellste aller Fragen, nämlich die Koexistenz von Mann und Frau. Im Ringen um diesen elementaren binären Code wird nun gerätselt, warum Luna weiblich ist, es aber „der Mond“ heißt, und weshalb Weltraumprogramme hauptsächlich maskulin benannt und bemannt sind. In dieser Reinszenierung des so genannten „Kampfes der Geschlechter“ wird der Mann im Mond ebenso eingeflochten, wie die oft behauptete lunare Wirkmächtigkeit auf die Menstruation. Gar vieles wird zitiert und wenig fehlt im Supplement aus gegenseitigem Geschlechterunbehagen und diversen Mondphrasen. Eine Episode um Geschlechtsumwandlung schließlich gibt dem Lustspiel die nötige spätmoderne Diskursnote. Routiniert, aber nicht verbraucht, gestaltet sich die Parodie des militärischen Tons und der in diesem Gewerbe zur Schau getragenen Männlichkeit. Die dargestellten Frauenfiguren finden sich – vielleicht vorurteilserhellend – auf Modebewusstsein, Esoterik und Gebäckfetisch reduziert. Musik und Tanzeinlagen und der ein oder andere Song über Geschlechterbefindlichkeiten fehlen selbstverständlich nicht. Genauso wenig wie der dramatische Appell ans Publikum, an sich selbst zu glauben und den eigenen Weg zu gehen, mag er noch so steinig sein. Sicher, das hat man alles irgendwie schon einmal gesehen. Und doch verbindet sich die Revue allzu bekannter Motive mit einigen originellen Einsprengeseln zur amüsant-possierlichen Geschichte, die sich glücklicherweise nicht zum Zotenreigen versteigt und die Schlüpferregion meidet.

Die, sagen wir: leichtfüßige Aufführung, ist ganz dem kurzweiligen Vergnügen verpflichtet. Sommertheater muss wohl auf reibungslose Unterhaltung programmiert sein. Mission erfüllt, Ziel erreicht. Darüber hinauszuschießen gelang dieser Mondlandung anderer Art jedoch nicht. Das heitere Spiel gereicht aber zur Abwechslung von Sommerfernsehen oder dem x-ten Grillfest.

(Tobias Prüwer)

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