Die Rückkehr des „Fliegenden Holländers”: „Fluch der Karibik 2” begeistert (Tobias Prüwer)

„Fluch der Karibik 2: Pirates of the Carribean“
mit Johnny Depp, Orlando Bloom, Keira Knightley, Bill Nighy
Regie: Gore Verbinski
Drehbuch: Terry Rossio, Ted Elliott
150 Minuten

Läuft im Cinestar
Opulente Seeräuberpistole: „Fluch der Karibik 2“Fuffzehn Mann auf des toten Manns Kiste,
Ho ho ho und ’ne Buddel voll Rum!
Fuffzehn Mann schrieb der Teufel auf die Liste,
Schnaps und Teufel brachten alle um!

Piratenfilme? Das Genre ist doch seit Jahrzehnten fast unberührt und eigentlich fällt einem nur eine einzige gute Produktion der letzten Jahre ein: Der „Fluch der Karibik“. Genau. Und darum erfährt die Geschichte um den galant-lächerlichen Captain Sparrow, um untote Piraten, karibische Gefilde und um einem ordentlichem Schuss Rum eine turbulente Fortsetzung.

Gerade erst das Abenteuer um sein verfluchtes Schiff „Black Pearl“ heil überstanden, steuert Freibeuter Jack Sparrow (Johnny Depp) neuen unheimlichen Verstrickungen zu. Der Seeteufel Davy Jones (Bill Nighy) setzt ihm das Entermesser an die Brust und fordert die Einlösung eines einst geschlossenen Blutpakts. Der Preis ist hoch: Jack soll auf Davys Geisterschiff „Flying Dutchman“ bis in alle Ewigkeit unselige Dienste ableisten. Das schmeckt ihm gar nicht und so sinnt das Schlitzohr nach einem Ausweg. Wenn es ihm gelänge, die Kiste mit dem Herz des Seeteufels in ihrem geheimen Versteck aufzuspüren, wäre er einen Schritt weiter. Doch wo ist die Truhe zu finden? Und auf welchem Wege zu öffnen? Und wie kann Jack den auf ihn angesetzten tödlichen Kraken außer Gefecht setzen? Ins Ringen um die Rettung von Leib und Seele werden auch Jacks ehemalige Kampfgefährten Will Turner (Orlando Bloom) und Elizabeth Swann (Keira Knightley) wider Willen hineingezogen. Statt geplanter Hochzeit heißt es nun auch für sie, erneut gen abenteuerlicher Gefilde in See zu stechen.

Spelunkenkämpfe, Säbelduelle, Seeschlachten – „Fluch der Karibik 2“ zeigt vitale Action in bunten und üppigen Bildern. Auf seine Art einzigartig ist Johnny Depp in der Rolle des Jack Sparrow, Verzeihung: Captain Jack Sparrow. Meisterlich mimt er den Dreispitz tragenden Rastafari mit Säbel und Cajalstift, einen sympathischen Egomanen, der Jenseits von Gut und Böse steht. Hinzu gesellen sich eine moralisch auch nicht ganz so redliche Elizabeth und ein zum wirklichen Abenteurer gereifter Will. Eine Palette neuer Charaktere besorgt den Personalwechsel, während auch einige altbekannte Figuren wieder mit an Bord sind. Hier amüsiert besonders das ehemalige Zombieduo, welches bereits im ersten Teil in Frauenkleidern herrlich lächerlich über die See schipperte. Nun mortal, gibt das Duo die philosophische Instanz und sinniert in absurden Dialogen über ethische Kategorien und die Logik von Metaphern. Gerade allzumenschlich stellen die beiden den Kontrapunkt zur untoten Mannschaft der „Flying Dutchman“ dar. Diese besteht aus, mit allerlei Seegetier verwachsene, Wasserleichen, trägt Muschel- und Schneckenkolonien in den Gesichtern und bildet eine symbiotische Einheit mit ihrem Geisterschiff, das sich wie ein morbides Korallenriff präsentiert. Der schaurige Kahn reiht sich in die prächtige Kulisse der anderen in diesem Film präsentierten Segelschiffe ein. Da ein Großteil der Szenen auf dem Meer spielt, wurden bei den Dreharbeiten gleich sechs seetüchtige Schiffe verwendet, darunter jenes aus „Die Meuterei auf der Bounty“, auf dem einst Marlon Brando die Planken schrubbte.

Geschickt sind in die filmische Erzählung sich um die Piratenzeit rankende Mythen und Geschichte(n) eingeflochten worden. So erfährt der legendäre Pirat Davy Jones, der einst im Zorneseifer sich und seine Mannschaft verfluchte und seitdem als Teufel der Südsee alle Handelsreisenden in Angst und Schrecken versetzt, cineastische Wiedererweckung. Im Film wird er auf den ebenfalls sagenumwobenen „Fliegenden Holländer“ versetzt, und ist sowohl auf als auch unter dem Meer zu Hause. Statt Bart trägt Jones Tentakel und kontrolliert stilgerecht den Kraken, jenes zerstörerische Seeungeheuer, dessen Fänge den Untergang vieler Schiffe verursachte. Das eingesponnene Seemannsgarn ist für den Film eine inhaltsverdichtende Bereicherung. Während die Story verästelt und sich an mancher Stelle zu verlieren droht, gelingt es Regisseur Gore Verbinski immer rechtzeitig, das Steuer herumzureißen und das Bouquet aus Turbulenzen und Witz über 150 Minuten unterhaltsam zusammenzuhalten. Ein Punkt trübt allerdings das ansonsten brillant-klare Wasser: Der für einen zweiten Teil einer Trilogie typische, nicht zufriedenstellende Schluss schmeckt etwas brackig, lässt aber umso intensiver das Finale herbeisehnen. Die säbelrasselnde Clownerie um die verwunschene Karibik gibt sich als gelingendes Paket toller Actionsequenzen, buntem Slapstick und absurden Zombieelementen. Dies ist gründlich überzogen und dadurch überzeugend gut. Keine Kost für feinfühlige Leichtmatrosen, ist diese Seeräuberpistole für wettergegerbte Genre-Enthusiasten ein irrer Spaß.(Tobias Prüwer)

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