„Sexual Perversity” in Connewitz – Die Cammerspiele inszenieren David Mamet (Leonie Roos)

Sexual Perversity in Chicago (David Mamet)
Connewitzer Cammerspiele – Werk II
Regie: Christian Hanisch
Mit: Stefan Simanek, Christian Feist,
Stefanie Gottwald & Maria Aigner
Premiere am 13. Dezember 2006
www.cammerspiele.de

Männer und Frauen, das ist doch ein Witz!

Sexual Perversity in Chicago – In den Connewitzer Cammerspielen steht ein Stück auf dem Spielplan, das dem amerikanischen Theater- und Filmautor David Mamet 1974 zum Durchbruch verhalf.

Zwischen kuschligem Sofa mit Teddy und kaltem, zuckenden Discolicht setzt Christian Hanisch – Preisträger des Leipziger Bewegungskunstpreises 2006 – seine vier Protagonisten in Szene im langen, schmalen Raum der Cammerspiele, Dass wir uns hier laut Titel in Chicago befinden ist für das Stück nebensächlich, die Handlung spielt sich in einer beliebigen Großstadt ab. Debbie (Maria Aigner), die schöne Künstlerin, bändelt mit Danny (Christian Feist) an, der seine Zeit sonst mit seinem Freund Bernie totschlägt. Trotz beiderseitiger ursprünglicher Skepsis wird der One Night Stand schnell zu einer ernsthaften Beziehung, man verliebt sich ein bisschen, dann etwas mehr, lässt den Panzer etwas herunter und sich auf eine neue Beziehung ein. Dannys Freund Bernie (Stefan Simanek) ist der eigentliche Star der Stücks, dessen Urteile und verbale Ausfälle den Ton des Stückes bestimmen: „Darauf kommt’s im Leben an“, so Bernie, der Danny und mit ihm das Publikum den ganzen Abend großzügig an seinem Erfahrungsschatz teilhaben lässt, „dass du den Unterschied erkennst zwischen einer Alten, die klasse aussieht, und einer, die nach nichts aussieht!“ Ach, danke. „Oh Danny,“ denkt der Zuschauer da, halt dich bloß nicht an solchen Rat. Aber leider hat der, wie eigentlich alle Figuren in diesem Stück, nicht die Fähigkeit durch Klischees hindurch und über gespielte Coolness hinwegzusehen.

Ehrlichkeit und Wahrheit ist spärlich gesät im Leben dieser vier Verlorenen in der Großstadt. Bernie zum Beispiel verbringt die eine Hälfte seiner Freizeit damit, in Bars (vermeintlich) einsame Frauen anzusprechen und die andere Hälfte damit, seinem Freund Danny detailreich von seinen zahlreichen Eroberungen und deren absonderlichen sexuellen Vorlieben („’ne normale Nummer schiebt heute keiner mehr“) zu berichten. Bei seinen abendlichen Fischzügen trifft er unter anderem einmal auf Debbies Freundin, die Kindergärtnerin Joan (Stefanie Gottwald), die ihn aber durchschaut und ihn zu seinem großen Zorn kühl auflaufen lässt. Joan und Debbie sind WG-Genossinnen und könnten verschiedener nicht sein: So weich und romantisch Debbie ist, so abgehärtet und desillusioniert ist Joan und legt alles als Affront gegen ihre Person aus.

Es läuft gut für eine Weile, man ist verliebt, Debbie zieht bei Joan aus und bei Danny ein, aber sehr rasch verliert sich der Zauber der ersten Begegnung. Es gibt Streit, die momentane Verbindung zwischen den beiden ist gekappt und sie trennen sich wieder. Und so schnell wird die Beziehung auch zu den Akten gelegt: „Aus Fehlern lernt man,“ sagt Joan zu Debbie als die wieder bei ihr einzieht. Auch Bernie hat Danny nur Abgedroschenes zum Trost zu bieten: „schöne Frauen werden zu alten Hexen“, da ist man doch froh, wenn man sie los ist, und sowieso, „’n Arsch ist `n Arsch!“ Und am Ende schließt sich der Kreis, eigentlich ist alles wie zu Anfang, man hat eine schlechte Erfahrung mehr und macht sich von neuem auf die Suche.

Es ist keine glückliche Geschichte, die in Sexual Perversity erzählt wird, sondern eine über verhärtete und gepanzerte Großstadtmenschen, Menschen die aggressiv auf der Suche und doch nie fähig sind, fündig zu werden.

(Leonie Roos)

Rezension der Aufführung bei den Amateurtheatertagen 2007:

18.07.2007
Vierte Amateurtheatertage: Zwei Impressionen (Torben Ibs)

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