Elend zwischen Ausbeutung und Krieg: „Blood Diamond” (Michael Grass)

Blood Diamond
Regie: Edward Zwick
Buch: Charles Leavitt
Mit: Djimon Hounsou, Jennifer Conelly & Leonardo di Caprio
USA 2006
Länge: 134 min
Verleih: Warner Bros.
Filmstart: 25. Januar 2007
wwws.warnerbros.de/blooddiamond
„Diamands are forever“ …?Der arme junge Mensch litt dort bitterste Not,
und die ist eine Art Schmelzofen, aus dem die großen Talente
rein und unversehrt wie Diamanten hervorgehen,
die allen Stößen ausgesetzt werden können, ohne daß sie zerbrechen.
Honoré de Balzac: Verlorene Illusionen

Es ist wohl eines der klassischsten Bond-Intros, wenn Shirley Bassey zu diamantbeschürzten Nacktheiten die Ewigkeit gepressten Kohlenstoffs preist. Am Ende scheint es doch eher unwahrscheinlich, dass diamantgefütterte Laserkanonen die atomare Katastrophe verkünden. Aber Ursache für eine solche hätten die funkelnden Kostbarkeiten schon unzählige Male gewesen sein dürfen. Es ist Geld im Spiel. Viel Geld. Und wo schon viel Geld ist, gesellt sich gern noch mehr dazu. Der Teufel scheißt gewöhnlich auf den größten Haufen. Dabei liegt es nicht in der Natur des Geldes selbst, sich bedingungslos zu vermehren. Da muss schon nachgeholfen werden. Wo Geld vermehrt wird, ist die Grenze zur Legalität schnell erreicht. Steuerhinterziehungen sind da das geringste Vergehen.

Irgendwo zwischen den Sportnachrichten und den aktuellen Wettermeldungen begegnen uns Mitteilungen über Zustände in fernen Ländern, die Gott-sei-Dank weit genug weg sind, um uns auf irgendeine Weise tangieren zu müssen. Es sind die Mitteilungen von Bürgerkriegen auf Java, in Kolumbien, Somalia. Es sind die Nachrichten von Völkermorden und Genoziden in Nigeria, Afghanistan oder im Irak, die so gern in die unzivilisierten Teile dieser Welt verdammt und damit aus dem Blickfeld geräumt werden.

In etwa so verteidigt die idealistische Journalistin Maddy Bowen (Jennifer Connelly) ihr Engagement, die Verbindungen internationaler westlicher Konzerne mit dem Bürgerkrieg in Sierra Leone, offen zu legen und zu verbreiten. Namhafte Diamantenkonzerne kaufen mit Vorliebe Diamanten, die in Konfliktregionen illegal abgebaut werden. Sie sind viel billiger als die legalen und man muss sich um Gewerkschaften, Mindestlöhne, Einführ- und Besteuerungsrichtlinien keine Gedanken machen. Konfliktdiamanten passieren ungesehen alle rechtlichen Hürden. Sie gelangen für Spottpreise in die Hände weniger Händler, die sie für die gewohnt enormen Preise veräußern. Sich da Gedanken über Gewinnspannen zu machen, scheint ein törichtes Unterfangen. Üblicherweise jedoch werden diese Steine weggeschlossen, damit der Rohstoffpreis für die legal gewonnenen Diamanten und damit der eigentliche Verkaufspreis so hoch wie möglich bleibt. Auf diese Art und Weise wird dem Vermehrungsprozess des Geldes nachgeholfen. Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen. Das Geld hingegen, was Konfliktdiamanten ihren „Produzenten“ einbringen, wird stehenden Fußes für Waffen und Kriegsgerät ausgegeben. Nicht selten sind Waffenhändler und Warlords selbst die Zwischenstationen für Diamanten. In diesem Fall der mit allen Wassern gewaschene Ex-Militär Colonel Coetzee (Arnold Vosloo) aus Südafrika. Die Konzerne unterstützen mit ihren illegalen Handelsaktivitäten Bürgerkriege.

Diese aufzudecken reist Maddy Bowen also nach Sierra Leone. Es ist das Jahr 1999 und weit weg von Europa. Vielversprechende Informationen stellt ihr der Schmuggler Danny Archer (Leonardi di Caprio) in Aussicht. Archer ist hinter einem Riesendiamant her, der im Besitz des Fischers Solomon Vandy (Djimon Hounsou) ist. Der fordert als Gegenleistung die Hilfe des Ex-Söldners Archer für die Befreiung seines von Rebellen entführten Sohnes. Die gemeinsame Reise des in Auffassung und Idealen höchst ungleichen Trios entpuppt sich bald als eine Odyssee ins Herz der Finsternis.This is Colonel Kurtz, he wants your diamond!

Der Film beruht auf tatsächlichen politischen Ereignissen um Konfliktdiamanten gegen Ende der 1990er Jahre. Die Jounalistin Maddy Bowen steht stellvertretend für die Aktivitäten der britischen Organisation Global Witness, die 1999 die Machenschaften und Verbindungen des Monopolinhabers De Beer zu illegal gewonnenen Diamanten aufdeckten. Die Berichte über nachgewiesene Verwicklungen in die Kriegsfinanzierung Afrikas verbreitete sich wie ein Lauffeuer. De Beer hatte durch Aufkauf von Konfliktdiamanten die Bürgerkriegskassen um mindestens 23 Millionen Dollar gefüttert und dabei selbst nur zu gut verdient. Doch ohne den Schwarzen Peter hin und her zu schieben, vermag es Edward Zwick das gefährliche und unmenschliche Potential dieses Diamantenhandels zu offenbaren. Dabei dürfte er bei den Schilderungen der Kriegsvergehen einige Tabus gebrochen haben. Es ist widerlich, wenn 12-Jährige mit Gewehren, die größer sind als sie selbst, andere 12-Jährige erschießen. Einem Übel folgt ein neues. Kindersoldaten sind ein heikles Thema, Zwick nähert sich ihm. Es ist notwendig. Bemerkenswert, dass der Hollywoodzögling Di Caprio sich nicht zu schade ist, der Thematisierung eines solch brisanten Konflikts sein Gesicht zu leihen.

Am Ende stellt der Film in einer leicht übertriebenen Lobpreisung westlichen Staatsgeplänkels mit dem Kimberley-Abkommen eine Lösung des Konflikts in Aussicht. Sierra Leone ist heute befriedet, so der offizielle Wortgebrauch, will wohl sagen: ruhiggestellt. Doch Vorsicht! So wenig Nachweise über die Herkunft des Rindfleisches eine Tierseuche verhindern, können selbstverpflichtende Auskünfte über die Herkunft von Diamanten tatsächlich als Heilmittel gegen den organisierten Handel mit Konfliktdiamanten angeführt werden. Aktuelle Ereignisse in der Republik Kongo geben deutlich Aufschluss darüber, dass sich die Kriegsmaschinerie weiter dreht. Vorangetrieben mit dem Erlös aus dem Schmuggel illegal abgebauter Diamanten. Das effektivste Mittel dagegen wird zunächst die Weigerung der Konsumenten bleiben. Diese Mahnung ist die deutlichste Aussage eines sehr ambitionierten Films. (Michael Grass)

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