Strecken, Dehnen und dann Sport mit Musik

Thunderbirds Are Now! und Saroos machen Popgymnastik im Konzert

Der Bassist reckt seine Arme in die Höhe und biegt den Rücken durch. Ein wenig Stretching, so meint wohl Julian Wettlin, kann ja nicht schaden bevor es wirklich losgeht. Sänger Ryan Allen und Schlagzeuger Matt Rickle rücken ihre übergroßen Brillen zurecht. So trägt man das heute. Rechts wartet Scott Allen, Keyboarder, Sänger und Percussionist der Band, darauf, dass es losgehen kann mit dem Konzert der Thunderbirds are now!. Es ist ein Warmmachen, nachdem es zuvor eher ruhig zuging. Denn während die Detroiter noch ihre übergroßen Brillen putzten, spielte bereits Saroos im gut gefüllten UT Connewitz. Mit Schlagzeug , Bass und vielen Kabeln aus Computern und Synthesizern füllen Christoph Brandner, Max Punktezahl, Florian Zimmer die barocke Halle mit Klängen, Tönen und Geräuschen und verwandelten sie in eine übergroße Lounge, allerdings ohne die passenden Sofas auf die man sich hinfläzen und dieser Kulisse fürs Ohr hingeben konnte. So waren die paar verbliebenen Sitzreihen schnell gefüllt und der Rest des Publikums stand ein wenig ratlos vor der Bühne. Die Euphoriker ließen sich zu leichtem Kopfnicken hinreißen, der Rest hielt sich an seinem Bier fest und applaudierte höflich am Ende der minutenlangen Ohr-Orgien. Dass einige der Mannen auf der Bühne beim Sonar in Barcelona, einem dem wichtigsten Festival für elektronische Musik in Europa, ein- und ausgingen, glaubte man nur zu gern, aber als Vorgruppe für die Gitarren-Wirrköpfe von Thunderbirds are now! waren sie doch reichlich deplaziert. Musikalische Dehnübungen vor einer Rock’n’Roll Sportshow.

Die begann, wie gesagt mit dem gestreckten Körper des Bassisten. Dabei war er es dann, der am wenigsten zum optischen Gesamteindruck beitragen konnte. Ganz anders der Scott Allen. Nur wenn es absolut unumgänglich war, weilte er zumindest in der Nähe seines Tasteninstruments. Den Rest der Zeit sprang hopste er wie Derwisch auf Koks über die Bühne, warf seinen Schellenring in hohen Bögen durch die Luft oder schlug hie und da ein Rad. Das Publikum war quite amused und schon bald zappelten besonders die Musikliebhaberinnen in unmittelbarer Nähe der Keyboards während auf der anderen Seite der Bühne beim Bass eher wenig ging. Das Zentrum hingegen gehörte den beiden Brillen. Matt Rickle wirkte zwischen Becken und Trommeln wie ein Doppelgänger von Rowan Atkinson alias Mister Bean, nur der Teddybär fehlte. Mit ewig gleichen grübelnd-schwachsinnigen Gesichtsausdruck war er zwar nicht sexy, aber irgendwie cool. Gleiches gilt für Lead-Sänger Ryan Allen, der entweder mit geschlossen Augen Texte ins Mikrofon beförderte oder versuchte seinen Keyboarder im Herumhüpfen auszustechen und dafür mal auf der Hinterbühne und mal im Publikum verschwand. Party On Wayne, Party On Garth!

Neben all dem sportlichen Getue, das im Publikum vor allem die Lachmuskeln aktivierte, das soviel offensichtliches Ausstellen von Posen bestenfalls in MTV (Comedy-)Shows erwartet. Musikalisch war das ganze solider Pop-Rock der schnelleren Gangart mit ein paar kleineren elektronischen Einsprengseln und viel krachenden Gitarren. Sauber gespielt, vernünftig ausgesteuert, aber nichts, was man noch nicht gehört hätte. Und sie hatten guten Laune – ob trotz oder wegen ihrer urkomischen Sportshow bleibt ihr Geheimnis.

Thunderbirds Are Now! & Saroos

20. Februar 2007, UT Connewitz

www.thunderbirdsarenow.com

www.alientransistor.de

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